Die rechtswidrige Kürzung des Kindergelds für EU-Arbeitskräfte wird Hunderte Millionen an Rückzahlungen und erhebliche Verwaltungskosten auslösen.
Ein Prestigeprojekt der türkis-blauen Regierung, mit dem sie innenpolitisch punkten wollte, ist nachträglich gescheitert. Und wird Österreich nun mehrere Hundert Millionen Euro kosten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Donnerstag entschieden, dass die Indexierung des Kindergelds für ausländische Arbeitskräfte mit EU-Recht nicht vereinbar ist. Obwohl es nur Kinder betraf, die ihren Hauptwohnsitz in einem anderen EU-Land haben, diskriminierte es nach Ansicht der EuGH-Richter EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, die in Österreich beschäftigt sind und hier die gleichen Abgaben und Lohnsteuern wie Inländer entrichten.
In der Begründung des Urteils heißt es: „Vor diesem Hintergrund stellt der Gerichtshof fest, dass die streitige österreichische Regelung, soweit sie eine Anpassung der Familienleistungen nach Maßgabe des Wohnstaats der Kinder des Begünstigten vornimmt, gegen die Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit verstößt.“
Österreichs Regierung ist nun verpflichtet, die seit 1. Jänner 2019 gültige Indexierung umgehend zu beenden. Verweigert sie die Gesetzesänderung, drohen Strafzahlungen. Außerdem müssen die betroffenen EU-Bürger entschädigt werden. Laut Familienministerium wurden diesen Personen von 2019 bis 2021 durch die Indexierung insgesamt 290 Millionen Euro gekürzt. Das Ministerium hat laut einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage sicherheitshalber 220 Millionen an Rücklagen gebildet, um eventuelle Rückforderungen nach dem erwarteten EuGH-Urteil bewältigen zu können. Ob diese Summer ausreicht, ist fraglich. Zum einen ist das Jahr 2022 noch nicht in die 290 Millionen Euro eingerechnet und zum anderen wird die Abwicklung auch erhebliche Verwaltungskosten auslösen. Verfahrenskosten an den EuGH sind laut Angaben der EU-Kommission nicht zu entrichten.