Europa wollte Russland bestrafen. Aber mit gutem Willen und besten Absichten kann man leider keine Wohnungen heizen.
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Der Plan ist okay, nur die Umsetzung könnte schwierig werden: Vorgesehen war eigentlich, Europas Gasspeicher in den nächsten Monaten bis unter die Dachkanten zu füllen, damit sich der bevorstehende Energienotstand noch ein bisschen hinauszögern lässt, wenigstens über den Winter. Dummerweise bockt der wichtigste Geschäftspartner. Seit ein paar Wochen kommt deutlich weniger russisches Gas nach Europa als vereinbart. Ab heute wird die Pipeline Nord Stream 1 zehn Tage lang in aller Gemütlichkeit gewartet; es fließt, weht und strömt also erst einmal gar nichts mehr. Ob der Staatskonzern Gazprom danach Lust haben wird, den Hahn wieder aufzudrehen, gilt als fraglich. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen rechnet nicht zwangsläufig damit: Die EU müsse sich auf eine Beendigung der Lieferungen vorbereiten, erklärte sie jüngst. „Putin nützt Energie als Waffe.“
Dieser Eindruck drängt sich auf, das stimmt. Aktuell wird an der russischen Infrastruktur auffallend viel geschraubt, gelötet und geschweißt. Ein solcher Bastlerhit waren die Anlagen früher nicht. Da macht sich offenbar jemand einen Spaß daraus, die Kundschaft zappeln zu lassen.
Europas führende Kräfte erklären einander nun schon seit Wochen, wie furchtbar gemein sie das finden. Da könne man wieder einmal sehen, was für ein übler Typ dieser Putin doch sei. Allein die Idee, mit den Gaslieferungen zu pokern, sei von Grund auf verwerflich, heißt es reihum.