Leitartikel

China ist Geisel seiner eigenen Rowdy-Taiwan-Politik geworden

REUTERS
  • Drucken
  • Kommentieren

Die Reise der US-Demokratin Pelosi nach Taiwan mag ungeschickt sein. Dass der Konflikt deshalb zu eskalieren droht, hat aber Peking zu verantworten.

Diplomatie erfordert auch gutes Timing. Diese sensible Kunst dürfte nicht zu Nancy Pelosis Stärken gehören. Für ihre Taiwan-Reise hätte die US-Demokratin kaum einen ungünstigeren Zeitpunkt wählen können, die Visite birgt enorme Gefahren im Vergleich zum mäßigen politischen Nutzen: Die Politikerin gießt als drittwichtigste US-Vertreterin mit ihrer Präsenz auf Taiwan literweise Öl ins lodernde Feuer, provoziert das bereits hypergereizte Pekinger Regime (das ohnehin den USA misstraut). Sie nimmt eine Eskalation im explosivsten Ort der Welt in Kauf, der Taiwan-Straße. Denn dort liegen die Nerven der verfeindeten Großmächte dermaßen blank, dass die Überreaktion eines nervösen Soldaten ausreichen würde, damit die Lage außer Kontrolle gerät.

Pelosi wurde deshalb von allen Seiten angefleht, ihren Besuch zu überdenken: vom Pentagon, von China-Experten, von US-Präsident Joe Biden persönlich. Die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses fuhr trotzdem. Das war wohl nicht die weiseste Entscheidung, aber es ist ihr gutes Recht. Die Reise schärft ihr Profil als engagierte Freiheitskämpferin, Pelosi traf in der Vergangenheit den Dalai Lama, engagiert sich für die Demokratiebewegung in Hongkong und hat seit jeher ein offenes Ohr für das demokratisch regierte Taiwan, das von Peking immer rüpelhafter mit „Wiedervereinigung“ bedroht wird. Für China ist die Inselrepublik fixer Bestandteil seines Territoriums und eine rote außenpolitische Linie.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.