Junge Forschung

Winzige neue Welt der Elektronik

Theresia Knobloch dringt mit großen Geräten in die kleinsten Dimensionen vor. Sie will an etwas forschen, was der Menschheit nutzt.
Theresia Knobloch dringt mit großen Geräten in die kleinsten Dimensionen vor. Sie will an etwas forschen, was der Menschheit nutzt. Mirjam Reither
  • Drucken

Für das weitere Verkleinern von Transistoren untersucht Theresia Knobloch mithilfe einer Spannung am Werkstoff Graphen den zuverlässigen Betrieb dieser Teile.

In den 1950er-Jahren standen Transistorradios in vielen Haushalten. Den Namen erhielten sie von den integrierten Transistoren. Diese elektronischen Bauelemente sind aus unserer Welt mit Computer, Smartphone und anderen elektronischen Anwendungen nicht wegzudenken. Zu Elvis Presleys Zeiten waren sie mindestens so groß wie eine Zweieuromünze. In den letzten Jahrzehnten sind sie auf wenige Nanometer, also Millionstel eines Millimeters, geschrumpft.

„Derzeit haben Transistoren eine Länge von 15 Nanometern“, sagt die promovierte Elektrotechnikerin Theresia Knobloch, die am Institut für Mikroelektronik der TU Wien forscht. Getrieben werde der Trend zum Miniaturisieren durch die Industrie, weil elektronische Geräte immer smarter und leistungsfähiger sein müssen. „In den letzten 50 Jahren war es möglich, alle zwei Jahre doppelt so viele Transistoren bei gleichbleibendem Platz auf einem Mikrochip zu platzieren, weil die Strukturgrößen halbiert wurden“, erklärt Knobloch. Aktuell sei man mit dem Verkleinern jedoch an seine Grenzen gestoßen. Die Basis von etwa 90 Prozent aller Transistoren sei Silizium. Hier seien die Möglichkeiten für das Miniaturisieren aber ausgereizt, so Knobloch.

Aufbruch zu einem neuen Energieniveau

2004 haben internationale Wissenschaftler den Werkstoff Graphen entdeckt, der zur Gruppe der 2-D-Materialien – Materialien mit nur einer Atomlage – gehört. Es handeltsich dabei um Graphit, wie es beispielsweise vom Bleistift her bekannt ist. „Graphenkommt in der Natur als geschichtetes Material vor. Durch Gasabscheidungsprozessekann ich eine dünne Atomschicht perfekt isolieren und als Kanal für die Stromleitung nutzen“, erklärt die Forscherin. Graphen habe den Vorteil, dass es wegen seiner einschichtigen Struktur viel dünner sei und deshalb Transistorgrößen kleiner als zehn Nanometer möglich seien. „In unserer Studie wollten wir zeigen, wie Graphen elektrisch stabiler gemacht werden kann. Man muss sich vorstellen, dass im Vergleich zum Silizium Transistoren basierend auf dem dünnen Graphen instabil sind. In der Forschungscommunityhat sich das mittlerweile herumgesprochen“, sagt sie.

In Versuchen ist es Knobloch als Teil eines größeren Teams erstmals gelungen, durch Anlegen einer geringen elektrischen Spannung das Energieniveau von Graphen so zu verschieben, dass es stabiler und zuverlässiger wurde. Diese neue Erkenntnis sei nicht nur für den Werkstoff Graphen bedeutend, sondern auch für andere 2-D-Materialien, wie beispielsweise Molybdändisulfid oder Wolframdisulfid, sagt sie. Somit sei die theoretische Basis für künftig kleinere und effizientere Transistoren mit einer zuverlässigeren Charakteristik geschaffen worden.

Die innovative Theorie wurde in einem Forschungsprojekt in Kooperation mit der RWTH Aachen in die Praxis umgesetzt. „Unsere deutschen Kollegen haben gute Erfahrungen beim Herstellen von Transistoren mit Graphen. Wir bekommen Proben mit circa 100 Stück nominell identen Bauteilen. Diese funktionieren in der Regel schon recht gut“, sagt Knobloch. Sie lege dann bei einem Versuch selbst Hand an und prüfe diese Teile im Vakuum. Über Nadeln werde ein elektrischer Kontakt hergestellt und eine Spannung angelegt. „Bis das Ganze aber industriereif ist und in Stückzahlen von einigen Millionen produziert werden kann, werden noch zehn bis 15 Jahre vergehen“, sagt die Forscherin.

Ihren Bachelor hat sie in Technischer Physik gemacht. „Ich habe im Laufe des Studiums gesehen, dass mir die Technische Physik zu theoretisch ist. Ich wollte etwas erforschen, wodurch die Menschheit in absehbarer Zeit einen unmittelbaren Mehrwert hat“, erzählt Knobloch. Ihren Master hat sie deshalb in Elektrotechnik absolviert. Ihre ausgezeichneten Schul- und Studienleistungen bis zum Doktorat werden im November mit einer Sub-auspiciis-Promotion im Beisein des Bundespräsidenten belohnt.

Und was macht sie, um die Forschung zwischendurch aus dem Kopf zu bekommen? Dabei helfen Outdoor-Sportarten. Knobloch joggt etwa gern durch den Lainzer Tiergarten in Wien.

Zur Person

Theresia Knobloch (29) studierte Technische Physik an der TU Wien. 2016 schloss sie den Master in Mikroelektronik und Photonik ab. Sie forschte bereits an der Purdue-Universität (USA) und der Suzhou-Universität (China). Im November wird ihr das Doktorat sub auspiciis, also mit der höchstmöglichen Auszeichnung von Schul- und Studienleistungen in Österreich, verliehen.

Alle Beiträge unter: www.diepresse.com/jungeforschung

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2022)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.