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Chef des deutschen Cyberabwehr-Amts wegen Rede bei Verein mit Russland-Verbindungen in Bedrängnis

Archivbild von Arne Schönbohm.
Archivbild von Arne Schönbohm.imago images/Jürgen Heinrich
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Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser sagt den gemeinsamen Auftritt mit dem BSI-Präsidenten Schönbohm ab. Ihm werden Kontakte zu einem Verein mit Verbindungen zum russischen Geheimdienst vorgehalten.

Für den Präsidenten des deutschen Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) wird es eng. Auch die deutsche Innenministerin, Nancy Faeser (SPD), rückt von Arne Schönbohm ab. Montagfrüh wurde der seit vielen Wochen geplante gemeinsame Auftritt von Faeser und Schönbohm zur Vorstellung des jährlichen BSI-Jahresberichtes vor der Bundespressekonferenz abgesagt.

Faeser ist nach dpa-Informationen darüber verärgert, dass der Präsident des Amts für Cyberabwehr weiterhin Kontakte zum umstrittenen Verein "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland" hat, den er vor zehn Jahren selbst mitgegründet und geleitet hatte, der zuletzt aber wegen Verbindungen zu russischen Geheimdiensten in das Kreuzfeuer der Kritik geriet. Mehrere Medien berichteten am Sonntag, die SPD-Politikerin wolle deshalb Schönbohm von seinem Posten entbinden.

Die Verbindung von Schönbohm zu dem umstrittenen Verein war zuvor von Jan Böhmermann in der Sendung "ZDF Magazin Royale" thematisiert worden. Ein Sprecher erklärte, das Innenministerium gehe den Sachverhalten nach und prüfe diese genau. "Alle Optionen werden geprüft - und wie mit der aktuellen Situation umgegangen werden soll."

Festrede bei umstrittenem Verein

Aus Kreisen verlautete, Schönbohms Besuch beim Jubiläum des Vereins vor einigen Wochen habe demnach das Fass zum Überlaufen gebracht. Das Bundesinnenministerium war allerdings nach einem Bericht des Portals "Business Insider" über die Festrede Schönbohms bei dem Verein informiert worden. Demnach genehmigte Faesers Staatssekretär Markus Richter den Vortrag auf Bitten von Schönbohm am 24. August.

Der Cyber-Sicherheitsrat Deutschland wies den Verdacht zurück, wonach die Organisation enge Kontakte zum russischen Geheimdienst unterhalten soll. Diese Vorwürfe seien "absurd", erklärte der Präsident Hans-Wilhelm Dünn am Montag. Der 2012 gegründete Verein berät demnach Unternehmen, Politiker und Behörden in Sachen Cybersicherheit und erklärt über sich, politisch neutral zu sein.

Protelion: Geschäftsverbindungen nach Russland

In den Blickpunkt gerät unterdessen auch immer stärker die Berliner Cybersecurity-Firma Protelion, die Mitglied im "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V." ist. Das Unternehmen firmierte bis Ende März unter dem Namen Infotecs GmbH. Dabei handelt es sich um ein Tochterunternehmen der russischen Cybersecurityfirma O.A.O.Infotecs, die nach Informationen des Recherchenetzwerks Policy Network Analytics von einem ehemaligen Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes KGB gegründet wurde, der von Russlands Präsident Wladimir Putin für sein Wirken mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet wurde.

Protelion war bisher auch Mitglied Bundesverband für den Schutz kritischer Infrastrukturen (BSKI). Der Verband erklärte am Montag, man habe sich entschieden, die Mitgliedschaft des Unternehmens Protelion vorerst ruhen zu lassen. Dabei verwies der Verband auf den Bericht des "ZDF Magazin Royale". "Bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe gegen das Unternehmen Protelion setzen wir die Mitgliedschaft aus", erklärte BSKI-Vorsitzender Holger Berens. "Die Vorwürfe sind ungeheuerlich, und sollten sie sich bestätigen, werden wir weitere Maßnahmen ergreifen müssen."

Die Verbindungen von Protelion nach Russland waren vor dem Bericht von Böhmermann bereits vor Monaten in Fachpublikationen erhoben worden. Im Jänner berichteten die "Forensic News" über Vorbehalte gegenüber Infotecs in den USA, also zu einem Zeitpunkt, als Protelion in Deutschland noch unter dem Namen Infotecs firmierte. Das Fach-Portal "Intelligence Online" wies nach der Umbenennung der Firma auf die problematischen Querverbindungen nach Russland hin.

(APA/dpa/Reuters)

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