Krieg in der Ukraine

Erneut Explosionen im Zentrum von Kiew und anderen Regionen

Mehrere Detonationen gab es in Kiew.
Mehrere Detonationen gab es in Kiew.APA/AFP/SERGEI SUPINSKY
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Der Chef des ukrainischen Präsidentenstab berichtet von Angriffen mit Kamikaze-Drohnen: Weiterhin heftige Kämpfe gibt es in Charkiw, Donezk und Cherson. Der britische Geheimdienst ortet verschärfte Nachschubprobleme Russlands in der Südukraine.

Bei russischen Angriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew und andere Orte des Landes sind am Montag nach amtlichen Angaben mindestens sieben Menschen getötet worden. Im Visier war erneut auch die Energie-Infrastruktur, es gab nach ukrainischen Angaben Stromausfälle in "Hunderten Orten". In Kiew wurde ein Wohngebäude getroffen. Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die neuen Angriffe mit Raketen und Drohnen als Terror gegen die Zivilbevölkerung.

In Kiew seien vier Tote geborgen worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Zuvor hatte der stellvertretende Chef des Präsidialbüros, Kyrylo Tymoschenko, von drei Toten berichtet. 19 Menschen seien aus den Trümmern eines Hauses gerettet worden. "Die Arbeiten dauern an", berichtete Tymoschenko am Nachmittag. Wieder galt Luftalarm in dem Land.

Unter den Toten in Kiew sei auch ein junges Paar, erklärte Bürgermeister Witali Klitschko. "Die Frau war im 6. Monat schwanger." Er hatte zuvor von einer toten Frau gesprochen und einer noch vermissten Person. Die Behörden in Sumy sprachen von mindestens drei Toten und neun Verletzten. Am Morgen seien drei russische Raketen in ein ziviles Ziel eingeschlagen, teilte Gouverneur Dmytro Schywyzkji, mit. "Unter den Trümmern befinden sich noch immer Menschen." Berichte über russische Angriffe gab es auch aus verschiedenen anderen ukrainischen Gebieten.

Ukraine sprach von 40 Drohnenangriffen, fünf in Kiew

Innenminister Denys Monastyrskij zufolge wurden in Kiew auch zwei Rettungskräfte verletzt. Insgesamt habe Russland mit etwa 40 Drohnen angegriffen, von denen fünf Kiew getroffen hätten, sagte Monastyrskij der Agentur Ukrinform zufolge. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, die Luftangriffe hätten sich gegen Energie-Infrastruktur und militärische Stellen gerichtet. Nach Angaben von Ministerpräsident Denys Schmyhal waren "hunderte Orte" ohne Strom.

Präsident Wolodymyr Selenskij verurteilte die neuen Angriffe mit Raketen und Drohnen als Terror gegen die Zivilbevölkerung. Weil Russland nach ukrainischen Angaben sogenannte Kamikaze-Drohnen aus iranischer Produktion einsetzt, rückt der Iran verstärkt ins Blickfeld. So drohten mehrere EU-Außenminister vor ihrer Sitzung in Luxemburg mit weiteren Sanktionen gegen den Iran, sollte sich die Lieferung von Schahed-Drohnen ans russische Militär bewahrheiten. Der ukrainische Außenminister forderte Sanktionen gegen den Iran "wegen der Versorgung Russlands mit Drohnen", wie er auf Twitter schrieb. Die iranische Regierung bestreitet, dass sie an Russland Drohnen zum Einsatz in der Ukraine geliefert habe.

Die Ukraine hat in den vergangenen Wochen eine Flut russischer Angriffe mit im Iran hergestellten Schahed-136-Drohnen gemeldet. Allein seit Sonntagabend seien 37 russische Drohnen abgefangen worden - das seien 85 Prozent der Angriffe, teilte das Militär mit. Die russische Führung hat sich zu einem Einsatz von Kamikaze-Drohnen nicht geäußert. Die iranische Regierung bestritt am Montag, dass sie an Russland Drohnen zum Einsatz in der Ukraine geliefert hat.

Auch Österreichs Botschafter in Kiew, Arad Benkö, reagierte auf die Angriffe: "Erneute Kamikaze-Drohnenangriffe auf Kiew. Reiner Terror", schrieb er im Kurznachrichtendienst Twitter zu Agenturbildern, die eine Explosion und eine Drohne im Anflug zeigen, sowie den Versuch, eine Drohne mit einem Gewehr abzuschießen.

Defekte Krimbrücke verschlechtert Versorgungslage

Russland hatte bei der ersten Angriffswelle auf Kiew vor einer Woche von Vergeltung für die Explosion auf der Krim-Brücke am 8. Oktober gesprochen, für die die Führung in Moskau die Ukraine verantwortlich macht. Diese Brücke, die über die Straße von Kertsch führt und die 2014 von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim mit dem russischen Kernland verbindet, ist von großer Bedeutung für den Nachschub der russischen Truppen im Süden der Ukraine. Dass sie nun stark beschädigt ist, verschärft nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes die Versorgungslage der russischen Truppen. Die russischen Truppen in der Südukraine würden vermutlich jetzt ihren Nachschub über die Hafenstadt Mariupol verstärken.

Auch im Süden der Ukraine griff Russland nach eigenen Angaben militärische Ziele und die Energie-Infrastruktur massiv aus der Luft an. Dabei seien Hochpräzisionswaffen eingesetzt worden, teilte das Verteidigungsministerium am Montag mit. Alle Ziele seien getroffen worden, darunter ein Treibstofflager und ein Stützpunkt zur Waffenreparatur bei Mykolajiw. Zudem sei ein Versuch ukrainischer Truppen, die russischen Linien in Cherson zu durchbrechen, vereitelt worden. Die Region liegt gegenüber der Krim.

Nach Angaben des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte beschossen russische Streitkräfte weiterhin ukrainische Stellungen an mehreren Fronten, darunter Städte in den Regionen Charkiw, Donezk und Cherson. Die schwersten Kämpfe fänden nördlich von Bachmut statt, schrieb der ukrainische Militärexperte Oleh Schdanow in der Nacht auf Montag im Internet. Angaben zu den Kampfhandlungen lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

(APA/Reuters)

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