Vor der Schicksalswahl zwischen dem rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro und seinem linken Herausforderer Lula ist Brasilien tief gespalten. Der Urnengang wird zum gewaltigen Stresstest für Lateinamerikas größte Demokratie.
Bolsonaro ist ein Pädophiler, Lula ein Kommunist, Bolsonaro verzehrt Fleisch von Indigenen und Lula will evangelikale Kirchen schließen, Bolsonaro ist ein Freimaurer und Lula der Teufel. Keine Lüge ist zu infam, um nicht in der Schmutzkampagne vor der Stichwahl auf Abermillionen Handys verschickt zu werden. Der rechtspopulistische Präsident Jair Bolsonaro und sein linker Herausforderer, Ex-Präsident Lula, lieferten sich vor dem Urnengang an diesem Sonntag einen Wahlkampf, wie ihn Brasilien noch nicht erlebt hat.
Das Tonband. Nachdem das Lager des Amtsinhabers, angeführt von seinem zweiten Sohn Carlos, das Land seit Jahren auf allen Internetkanälen mit ebenso alternativen wie aberwitzigen „Fakten“ eindeckt, hat die Gegenseite um den linken Ex-Staatschef Lula seit Jahresmitte nachgerüstet und vor allem in den letzten Wochen Kampagnen ausgesendet, die – anders als jene aus den Bolsonaro-Echokammern – auch in den großen Medien des Landes ausstrahlten. Mitte Oktober versandten Lula-Unterstützer eine Audiodatei via Facebook, Twitter und WhatsApp, in der Präsident Bolsonaro zu hören war, wie er einem Journalisten von einem Besuch in einem düsteren Außenbezirk seiner Hauptstadt erzählte. Dort hätten sehr junge Mädchen Sex für Geld angeboten.