Rechtspanorama am Juridicum

Schnelle Verfahren? „Es fehlt der Zug zum Tor“

Im Dachgeschoß des Wiener Juridicums diskutierten am Podium (v. l. n. r.) Gerhard Jarosch, Bernd Ziska, „Presse“-Moderator Benedikt Kommenda, Ingeborg Zerbes und Michael Rohregger.
Im Dachgeschoß des Wiener Juridicums diskutierten am Podium (v. l. n. r.) Gerhard Jarosch, Bernd Ziska, „Presse“-Moderator Benedikt Kommenda, Ingeborg Zerbes und Michael Rohregger. [ Caio Kauffmann ]
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Oft ziehen fehlende Ressourcen strafrechtliche Ermittlungen in die Länge. Aber manchmal fänden Staatsanwälte von sich aus schwer zum Ende, sagt ein Experte. Wie könnte man Verfahren verkürzen?

Wien. Im Jahr 2009 begannen die Ermittlungen in der Causa Buwog. 2020 sollte das Urteil gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser fallen, rechtskräftig ist es nach wie vor nicht. 2020 war auch das Jahr, in dem die Operation Luxor der Polizei gegen mutmaßliche Islamisten ihren Anfang fand. Bis heute gibt es keine Anklage, bloß Hausdurchsuchungen, die gerichtlich für illegal erklärt wurden.

Fälle wie diese werfen die Frage auf, ob die Mühlen der Justiz nicht zu langsam mahlen. Aber ist dem wirklich so? Und was könnte man verändern, um Verfahren zu beschleunigen?


Man müsse man die Relationen im Auge haben, meinte beim letztwöchigen Rechtspanorama am Juridicum Ingeborg Zerbes, Vize-Leiterin des Instituts für Strafrecht an der Universität Wien. So dauere ein Ermittlungsverfahren in Österreich im Schnitt 3,6 Monate. Überhaupt dürften Ermittlungen nur maximal drei Jahre dauern, andernfalls brauche es eine Verlängerung durch das Gericht. Eine mehrfache Verlängerung ist aber möglich. „Ganz wenige Fälle haben eindeutig eine zu lange Dauer“, betonte sie aber auch. Hier gehe es vor allem um Wirtschaftskriminalität. Und zu denken geben müssten einem die Durchschnittszahlen zur U-Haft. „Sie hat sich kontinuierlich jedes Jahr um fünf Tage verlängert“, erklärte Zerbes. Gerade beim Einsperren von Leuten, die noch nicht verurteilt wurden, müsse man vorsichtig sein.

„Uns muss absolut bewusst sein, welche Belastung ein Strafverfahren für den Betroffenen darstellt“, sagte Bernd Ziska, Vize-Vorsitzender der Staatsanwältevereinigung. Ja, das Verfahren könne für Betroffene sogar belastender sein als die Sanktion, die am Ende stehe. Aber es gehe nur „um eine Handvoll Verfahren“, die wegen ihrer Länge in Diskussion seien. In aller Regel seien es Verfahren mit Auslandsbezug, die Rechtshilfe erfordern, dazu kämen bei den erhaltenen Dokumenten ganz simple Probleme. „Es vergehen Monate, bis sie übersetzt sind.“ Aber auch das in manchen Fällen nötige Einschalten von Sachverständigen könne Verfahren verzögern. Dazu komme das Berichtswesen, „manche bezeichnen es auch als Zwei-Klassen-Justiz“, sagte Ziska. Handelt es sich um ein Verfahren von besonderem öffentlichen Interesse – etwa, weil ein prominenter Politiker involviert ist –, müssen die Staatsanwaltschaften an die Oberbehörde (Oberstaatsanwaltschaft und von dort weiter ans Justizministerium) berichten. Das dauere dementsprechend.

Dazu komme die hohe Fluktuation bei Staatsanwälten, weil sie z. B. auf Richterposten mit weniger Belastung wechseln: „Wir haben uns jedes Jahr um ein Drittel erneuert“, schilderte Ziska die Situation. Und man brauche generell noch mehr Ressourcen.

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