Sparbudget: Juristen geben Klagen wenig Chancen

Fritz Neugebauer
Fritz Neugebauer (c) (Clemens Fabry)
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Die schlechtesten Karten hat Fritz Neugebauers Kampf gegen die Pensionsreform. Noch etwas aussichtsreicher könnten die Verfassungsklagen gegen die Kürzung der Familienbeihilfe sein.

Wien. „Wie stellt er sich das vor?“ – Rechtsprofessor Bernd-Christian Funk ist überrascht von den Äußerungen des Zweiten Nationalratspräsidenten, Fritz Neugebauer (ÖVP). Der Beamtengewerkschafter kündigte eine Verfassungsklage gegen die im Budget vorgesehene Erhöhung des Antrittsalters für die Hacklerpension von 60 auf 62 Jahre an. Doch Neugebauer selbst kann den Verfassungsgerichtshof (VfGH) nicht anrufen. Für einen derartigen Antrag bräuchte es schon ein Drittel der Nationalratsabgeordneten.

Sehr wohl zum Höchstgericht gehen dürfen hingegen Personen, auf die sich die Neuerungen nachteilig auswirken. Da die Novelle der Hacklerregelung aber erst im Jahr 2014 greift, können Betroffene sich auch erst dann auf den Weg zum VfGH machen. Neugebauer gibt einer Klage gute Chancen, weil der Eingriff der Politik unverhältnismäßig sei. Namhafte Juristen sehen das im Gespräch mit der „Presse“ aber anders. „Man kann hier kaum von einem massiven und plötzlichen Eingriff in wohlerworbene Rechte sprechen“, meint etwa Theo Öhlinger. Die Neuerungen (höheres Antrittsalter, Erhöhung der Abschläge für die Korridorpension bei Beamten um bis zu 15 Prozent) würden erst 2014 greifen und seien daher auch „nicht abrupt“. Überdies würde der VfGH bei der Prüfung auch die schwierige Budgetsituation berücksichtigen, die Eingriffe ins System eher legitimiere. „Aussichtslos“ sei so eine Klage, meint auch Heinz Mayer, Dekan der Wiener Jus-Fakultät. „Man kann nicht darauf vertrauen, dass man mit 60 Jahren in Pension gehen darf“, analysiert Mayer.

Bessere Chancen gibt der Dekan Verfassungsklagen gegen die Kürzung der Familienbeihilfe für Studenten, die ab Mitte 2011 greift. Denn die Familienbeihilfe stelle „einen erheblichen Teil des Einkommens“ von Studenten dar und treffe jene, die am Ende ihrer Uni-Zeit stünden. Dieses Thema könnte bald aktuell werden, zumal die Vorarlberger Landesregierung wegen der Kürzungen im Sozialbereich zum VfGH marschieren möchte (eine Landesregierung darf Bundesgesetze anfechten). Bei der Streichung des Alleinverdienerabsetzbetrags für Pensionisten sieht Mayer hingegen keine rechtlichen Probleme: Dieser Eingriff sei „zu wenig intensiv“.

Prognose allerdings nicht einfach

Jedoch: Gerade wenn es um VfGH-Entscheidungen über Gesetze geht, die wegen angeblicher Willkür angefochten werden, sei „eine Prognose mehr als schwierig“, warnt Funk. Er will sich daher bezüglich der Klagschancen nicht festlegen, wenngleich er betont: Wenn etwas sozialpolitisch problematisch ist, müsse es noch lange nicht verfassungswidrig sein.

Arbeit wartet auf die Höchstrichter jedenfalls genug, auch Kärntens Landesregierung sowie Pensionisten und Studenten dürften zum VfGH gehen. Eine vergebliche Mühe, glaubt zumindest Öhlinger: „Im Prinzip hat keine einzige der angekündigten Klagen eine Chance.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 4. Jänner 2011)

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