Taliban

Caritas-Chef in Kabul: "Lage für Frauen ist dramatisch"

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"Ziel der Taliban ist, Frauen aus der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen“, erzählt Stefan Recker. Zuletzt hat man ihnen untersagt, zu studieren.

Der Leiter des Caritas-International-Büros in Kabul, Stefan Recker, sieht derzeit keine Chancen für eine Rücknahme der drastischen Freiheitseinschränkungen für Frauen in Afghanistan. „Die Lage für Frauen ist dramatisch", sagte er am Mittwoch der deutschen Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

"Ziel der Taliban ist, Frauen aus der Öffentlichkeit verschwinden zu lassen. Vielleicht setzt irgendwann ein Wandel ein, wenn der letzte Taliban merkt, dass das Gesundheitswesen zusammenbricht, wenn es keine Ärztinnen und Krankenschwestern gibt", so Recker. Zuletzt hatten die islamistisch-fundamentalistischen Machthaber Frauen verboten zu studieren. Auch dürfen sie nur bis zur siebenten Klasse Schulen besuchen. In vielen Bereichen gilt ein Arbeitsverbot. Frauen dürfen nur mit einem männlichen Begleiter in die Öffentlichkeit.

Jederzeit mit Kontrollen rechnen

Recker schilderte, dass Frauen in Kabul jederzeit mit entsprechenden Kontrollen rechnen müssten. Vor den Universitäten stünden schwerbewaffnete Militäreinheiten, die etwaige Proteste gegen das Universitätsverbot verhindern sollen.

Das am Heiligen Abend ausgesprochene Verbot, Frauen in Nichtregierungsorganisationen (NGO) zu beschäftigen, könnte nach Reckers Einschätzung mittelfristig überwunden werden. "Eine Brücke könnte sein, dass sich die NGOs förmlich verpflichten, die islamischen Kleidungsvorschriften und die strikte Trennung von Frauen und Männern einzuhalten."

Das Verbot gilt indes nur für NGOs. Staatliche Akteure und die Vereinten Nationen können ihre Arbeit fortsetzen. Auch im Gesundheitsbereich sei noch einiges möglich. "Hier laufen drei Caritas-Projekte für Leprahilfe, zur Anpassung von Prothesen und zur Mutter-Kind-Gesundheit weiter - mit den dort bei Partnerorganisationen beschäftigten Medizinerinnen."

Hälfte der Afghanen von Hunger bedroht

Caritas international ist seit 1984 in Afghanistan engagiert, einem der ärmsten Länder weltweit. In Kabul gibt es ein Caritas-Büro, das die verschiedenen landesweiten Projekte koordiniert. Vor Ort sind - zumeist über lokale Partnerorganisationen - afghanische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Außer in der humanitären Nothilfe engagiert sich Caritas international etwa im Gesundheitsbereich. Recker ist bereits seit den 1990er-Jahren in Afghanistan tätig.

Etwa die Hälfte der rund 40 Millionen Afghaninnen und Afghanen ist laut UN-Angaben von Hunger bedroht. Etwa drei Millionen Menschen sind innerhalb des Landes geflohen. Geschätzte drei Millionen Kleinkinder unter fünf Jahren sind mangelernährt.

(APA)

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