Langzeitstudie

Daridorexant: Neues Schlafmittel ohne Abhängigkeitsrisiko

Die Blockade bestimmte Neuronen führt dazu, dass man einschläft.
Die Blockade bestimmte Neuronen führt dazu, dass man einschläft.(c) IMAGO/Addictive Stock (IMAGO/Oscar De Dios)
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Auch wenn die Datenlage noch dünn ist, geht das neue Mittel mit guten Aussichten einher. Unerwünschte Nebenwirkungen gibt es kaum, auch gibt es keinerlei Hinweise auf körperliche Abhängigkeit.

Seit Februar 2022 ist das vielversprechende Mittel von der Europäischen Arzneimittelagentur EMA zugelassen, seit November 2022 am Markt. Es soll Schlafstörungen lindern, ohne abhängig zu machen, heißt es. Bislang gab es kaum Medikamente, die sich langfristig für Betroffene eigneten, nahezu jedes Mittel hatte beträchtliche Nebenwirkungen, weshalb das neue, Daridorexant, schon jetzt gehuldigt wird, trotz dünner Datenlage. Die „FAZ“ schreibt gar von einer „kleinen Revolution“.

In zwei Stärken ist das potenzielle Wundermittel erhältlich, 25 oder 50 Milligram, wobei letzteres empfohlen wird. Etwa dreißig Minuten vor dem Zubettgehen soll die jeweilige Tablette eingenommen werden, mindestens sieben Stunden sollten bis zum Aufwachen eingeplant werden. Daridorexant wirkt dabei nicht wie herkömmliche Schlafmittel, es gehört zur Gruppe der Orexin-Rezeptor­-Antagonisten. Diese blockieren die Hormone Orexin A und Orexin B, sie wirken stoffwechselfördernd und erhöhen die Körpertemperatur, fördern somit Aufmerksamkeit und Wachheit. Orexin-Neuronen sind während regsamer Wachphasen maximal aktiv, im Schlaf dagegen quasi stumm. Die Blockade der Neuronen führt demnach dazu, dass man einschläft.

Kaum Nebenwirkungen

Dabei treten offenbar keine klinisch relevanten, unerwünschten Nebenwirkungen auf, liest es sich in einer Studie, die im Fachjournal „PubMed“ veröffentlicht wurde. An den beiden Zulassungsstudien hatten knapp 1900 Erwachsene mit chronischen Schlafstörungen teilgenommen. Ihnen wurden entweder 10, 25 oder 50 Milligramm Daridorexant verabreicht, über den Zeitraum von drei Monaten. Eine Kontrollgruppe bekam Placebo verabreicht. Probandinnen und Probanden der 50-Milligramm-Gruppe wiesen eine Verbesserung der Symptome nach nur einem Tag auf. Nicht nur die Schlaffähigkeit, auch der Zustand tagsüber veränderte sich zum Guten. Die Teilnehmenden waren wacher, aufmerksamer und besser gelaunt.

Nun folge eine Langzeitstudie zur Einnahme. Betroffene schluckten das Medikament über 40 Wochen, die beste Wirksamkeit zeigte sich auch diesmal bei 50 Milligramm. Klinisch relevante Nebenwirkungen traten bei den 550 Probandinnen und Probanden abermals keine auf, auch gab es keinerlei Hinweise auf körperliche Abhängigkeiten, wie sie bei anderen Schlafmitteln, etwa Benzodiazepinen und Z-Substanzen der Fall auftreten.

Vorsicht geboten

Gegenüber der „FAZ“ warnt Leiter des Schlafzentrums im Pfalzklinikum Klingenmünster, Hans-Günter Weeß vor „unreflektiertem Verschreiben“. Vor einer medikamentösen Behandlung solle man Einschlafrituale gestalten, sich ausreichend bewegen, abends keine schweren Mahlzeiten und wenig Alkohol zu sich nehmen. Auch digitale Ablenkung soll ihm zufolge aus dem Schlafzimmer verbannt werden (Stichwort Social Media Quitting). Kognitive Verhaltenstherapie hilft zudem nachweislich.

Hilft auch das nicht, kommen Schlafmittel infrage. Hier gilt das neue Daridorexant als durchaus gute Option, insbesondere für jene, die schon lange mit Schlafstörungen zu kämpfen haben. Denn Benzodiazepine und Z-Substanzen lindern Schlafstörungen zwar ebenso effektiv, gehen jedoch mit Nebenwirkungen einher. Zudem machen sie rasch körperlich abhängig, weshalb sie maximal drei bis vier Wochen eingenommen werden sollten.

(evdin)

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