Wort der Woche

Resistente Bakterien

Die wachsende Zahl von Antibiotikaresistenzen ist ein ernstes Problem für die Menschheit – das überdies zeigt, wie innig der Mensch mit seiner Umwelt verbunden ist.

Eine der schärfsten Waffen der Medizin wird immer stumpfer: Antibiotika retten zwar weiterhin viele Leben. Doch schon wenige Jahre nach der Einführung eines neuen Antibiotikums zeigen sich erste Resistenzerscheinungen. Dann können aus „Allerweltsinfektionen“ todbringende Erkrankungen werden. 2019 starben laut WHO 1,27 Mio. Menschen an antibiotikaresistenten Keimen; Tendenz stark steigend.

Die Herausbildung von Antibiotikaresistenzen ist ein natürlicher Vorgang: Während sich z. B. Pilze im Kampf um knappe Ressourcen durch die Synthese von Antibiotika einen Vorteil gegenüber Konkurrenten verschaffen, werden manche Bakterien gegen diese Gifte unempfindlich – sie haben dann einen Überlebensvorteil und vermehren sich stark. Solche Resistenzen entstehen spontan durch Mutationen oder werden – viel häufiger – durch mobile genetische Elemente (z. B. Plasmide) oder durch horizontalen Gentransfer weitergegeben.

Der Mensch fördert die Entstehung von Resistenzen durch den massenhaften Einsatz von Antibiotika in Medizin und Tierzucht (sowie allgemein durch Umweltverschmutzung) – dadurch werden Bedingungen geschaffen, in denen eine Resistenz für Bakterien einen Vorteil bietet. Wie im neuen Bericht „Bracing for Superbugs“ des UN-Umweltprogramms (www.unep.org) weiter ausgeführt wird, trägt der Mensch überdies stark zur Verbreitung resistenter Keime bei: zum einen durch mangelhafte Hygiene in Spitälern, zum anderen durch Handel und Reisen. So ist etwa dokumentiert, dass ein Schwede einen gegen Beta-Lactame resistenten Erreger aus Indien nach Europa einschleppte.

Resistente Bakterien werden freilich auch auf natürliche Weise weiterverbreitet – etwa durch Vögel oder – wie Forscher um Nitish Rawat (University of Delhi) kürzlich berichteten – auch durch Insekten (Science of the Total Environment 858, 159805). Sie beschreiben z. B., dass Stubenfliegen resistente Bakterien aus dem Dung von Kühen, die mit Antibiotika behandelt worden waren, mit sich trugen. In einem Fall wurden auch essbare Insekten, die nicht gut durchgegart waren, zu Überträgern.

Man sieht, dass die Gesundheit des Menschen innig mit der Gesundheit von Tieren und der Umwelt verquickt ist („One Health“). Um eine weiterhin ungebremste Ausbreitung antibiotikaresistenter Keime zu verhindern, fordern Experten einhellig, den Einsatz von Antibiotika auf ein unbedingt nötiges Mindestmaß zu beschränken.

Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

diepresse.com/wortderwoche

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2023)

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