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Ein grünes Mascherl macht Fliegen auch nicht umweltverträglicher

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Das schlechte Gewissen beim Fliegen ist nicht nur ein Begleiter von Reisenden, sondern auch ein Dorn im Auge von Fluglinien.

Vor Kurzem habe ich zum ersten Mal seit Ausbruch der Pandemie wieder etwas getan, das für mich bis 2019 total normal war: Ich bin mit einem Flugzeug verreist. Und zwar nach Rom für vier Tage – ein klassischer Städtetrip. Doch dieses Mal hat mich dabei ein mittlerweile viel zitiertes Phänomen begleitet: Die Flugscham.

Wenn man auch nur ein ungefähres Verständnis für die Auswirkungen des Flugverkehrs auf Umwelt und Klima hat, fliegt sie wohl zwangsläufig mit. Der Hin- und Rückflug nach Rom schlägt bei meinem CO2-Fußabdruck – übrigens eine Erfindung der fossilen Industrie, um die Verantwortung für die Klimakrise zu individualisieren – mit rund 0,3 Tonnen CO2 zu Buche.

Pro Kopf dürfte man im Jahr insgesamt nur 2,3 Tonnen CO2 verursachen, wenn das Pariser Klimaziel noch in Reichweite bleiben soll. Nun habe ich beide Flüge mit läppischen 10 Euro beim Anbieter meines Vertrauens kompensiert.

„Klimaneutral“ Fliegen dank CO2-Kompensation?

So oder so ähnlich wollen Lufthansa und AUA künftig das schlechte Gewissen ihrer Kundschaft von vornherein ausschalten. Demnächst soll es „CO2-neutrale” Flugtarife geben. Das soll vorwiegend mit der Finanzierung von „hochwertigen” Klimaschutzprojekten ermöglicht werden, also CO2-Kompensation. Welche Projekte das sein sollen, ist derzeit nicht bekannt.

Die Methode erinnert an andere dreiste Marketingaktionen etwa von Ölkonzern Shell. Fliegen wird auch nicht umweltverträglicher, wenn es ein grünes Mascherl trägt. Denn viel mehr als das ist CO2-Kompensation in den meisten Fällen leider nicht. Das ausgestoßene CO2 bleibt natürlich trotzdem in der Luft und richtet dort Schaden an. Idealerweise sorgt man dafür, dass vermeidbare Emissionen gar nicht erst entstehen.

So bleibt mir auch mit Kompensation nur die Flugscham. Und das Versprechen, wo es geht, nur noch mit dem Zug zu verreisen. Und dann auch länger dort zu bleiben, denn vier Tage sind eigentlich für so gut wie jede Destination zu wenig.

E-Mails an: anja.drechsler@diepresse.com

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