Skispringen

Team-Silber: Der Absprung ist Eva Pinkelnigs "Genuss-Moment"

NORDIC SKIING - FIS Nordic WC Planica 2023
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Ob Notoperation oder neurologische Beschwerden nach Stürzen, Enttäuschungen oder überraschende Höhenflüge, über denen Erfolgsgeheimnis sie eisern schweigt: Eva Pinkelnig genießt das Flair an der Schanze. Die Skispringerin blüht bei der WM in Planica auf, WM-Silber im Einzel erfüllte einen Lebenstraum. Und, Silber im Team gebe auch allen anderen Auftrieb.

Eva Pinkelnig hat sich mit Silber im Einzelspringen von der Normalschanze bei der WM in Planica mehr als nur einen Traum erfüllt. Die 34-jährige Vorarlbergerin hat damit allen gezeigt, dass sie nicht nur Skispringen kann und in Form ist, sondern auch bei Großereignissen die Nerven bewahrt. Sechs Saisonsiege stehen bereits zu Buche, dazu der überwältigende Gewinn der „Silvester Tour“ – aber erst Edelmetall bei Großereignissen sorgt letzten Endes in Österreich für landesweite Bewunderung. Wie immer. Aber die hat sich die Spätberufene, die 34-jährige Vorarlbergerin war bis vor wenigen Jahren noch Freizeitpädagogin, redlich verdient.

Pinkelnig hat nach zwei schweren Stürzen nicht aufgegeben. Sie glaubte trotz einer Not-OP nach einem Milzriss und neurologischen Folgen nach einer Kopfverletzung ihren Traum („Ein Arzt sprach damals gar von Alzheimer“) nicht im Schanzenauslauf begraben; im Gegenteil: das Tief machte sie noch stärker. Sie kam zurück, lachte – und sprang.

Und gewann jetzt bei der WM in Planica zwei Medaillen. Sie ist damit die „Silber-Eva“. Allerdings: Österreich wurde als Team-Weltmeister von Deutschland entthront.

Glücklich, eine Frohnatur

Das „Geheimnis meines Erfolges“, sagt sie der „Presse am Sonntag“ in Planica mit einem überaus breiten, charmanten Lächeln, „werde ich trotzdem niemanden verraten. Das bin eben ich. Und für mich ist Skispringen ein Genuss.“ Es ist, obschon sie dazu eisern schwieg, freilich leicht nachvollziehbar. Es ist eine Zusammenfügung klassischer Puzzleteile: Psyche, Kondition, Kraft, Kommunikation, Technik – und Material (Spezialanzüge, seit Mai und Beginn ihres Aufstieges geschnitten von Gerhard Hofer-Schwarz). Das sind die Komponenten, die zwischen Sieg und Absturz entscheiden. Pinkelnig grinste, sagte aber nichts.

Skispringen, da spüre sie diese „Freiheit“, die sich freilich nicht jedem sofort eröffnet. Wer schon einmal auf einem Zitterbalken auf dem Schanzenturm sitzend ins Tal geblickt hat, kann Befindlichkeiten, die bis zur prompten Ablehnung des Absprungs reichen und zum Abschied per pedes über das Stiegenhaus führen, durchaus nachvollziehen.

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Wer sich dem Erlebnis verschließt, kann die sich ihr öffnenden Perspektiven aber nur erahnen. Pinkelnig weiß, wozu ihr Körper und Geist in der Lage seien, Angst habe sie trotz all der Erlebnisse keine. Es bleibt dabei: Es gehe um den Spaß an der Sache.

Goldene Eule im Wohnzimmer - und WM-Medaillen

Ob im Einzel. Oder im „versilberten“ Team mit Chiara Kreuzer, Julia Mühlbacher und Jacqueline Seifriedsberger (warum wurde Sara Marita Kramer nicht nominiert?). Oder im heutigen Mixed an der Seite von Stefan Kraft: Pinkelnig springt. Für sich. Für alle anderen, denen sie Mut machen und Freude bereiten kann.

Silber sei die größte Belohnung, für die Medaille sei im Wohnzimmer neben dem Fernseher, wo die „Goldene Eule“ für den Sieg der Silvester Tour throne, noch viel Platz. Weil es nur eine Mietwohnung und noch kein Eigentum sei, habe sie mit ihrem Freund vereinbart, keinen größeren „Schrein“ dort aufzubauen. Der Rest läge im Büro, ja, auch in mehreren Schubladen. Was noch nicht ist, könne bald der Fall sein: ihre eigene Medaillensammlung, ausgestellt im Eigenheim.

Seefeld 2019 bescherte zwei Mal Edelmetall, Planica auch – und das Karriereende sei noch keinen Gedanken wert. Eva Pinkelnig lacht. Das sei ihr Naturell, das selbst haarsträubende Stürze nicht zu trüben vermochten.

Traum des Skifliegens

Wer in Planica springt, kann sich den Blick auf eine weitere Anlage, fußläufig etwas weiter rechts, nicht verkneifen. Größer, mächtig: die Skiflug-Schanze strahle „wirklich“ ungeahnten Reiz aus. Dass Frauen noch nicht Skifliegen dürfen auf Geheiß des Weltverbandes FIS musste Pinkelnig akzeptieren. Selbst Trainings sind bislang untersagt, Zuwiderhandeln würde mit Sperren geahndet werden.

Es sei auch „ein gewaltiger Schritt, gefährlicher, weitaus anstrengender“ – aber das Begehr, über (eigene) Grenzen zu fliegen, das war klar zu spüren. Im März, in Vikersund, soll es gelingen. Dann ist ihr Genus gleich umso größer.

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