"ZDF Magazin Royale"

Wieder ein Grimme-Preis für Jan Böhmermann

Jan B�hmermann bei der Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises 2021 im WDR Funkhaus. K�ln, 04.11.2021 *** Jan B�
Jan B�hmermann bei der Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises 2021 im WDR Funkhaus. K�ln, 04.11.2021 *** Jan B�(c) imago images/Future Image (Christoph Hardt via www.imago-im)
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Ob Fynn Kliemann, NSU oder der Präsident des Amts für Cyberabwehr: Heuer sorgte das "ZDF Magazin Royale" für einige Schlagzeilen. Das Grimme-Institut zeichnet die Verknüpfung von Satire mit investigativer Recherche nun aus.

Wie gut die Witze von Jan Böhmermann sind, darüber mag man streiten. Die investigativen Recherchen von ihm und dem Team seiner Sendung „ZDF Magazin Royale“ sind jedenfalls beachtlich und sorgten im vergangenen Jahr für einigen Wirbel: So wurde etwa aufgedeckt, dass der deutsche Präsident des Amts für Cyberabwehr Kontakte zu einem Verein pflegte, der Verbindungen zu russischen Geheimdiensten hatte (was ihn den Job kostete). Im Oktober veröffentlichte die Sendung mutmaßliche Geheimakten des hessischen Verfassungsschutzes zum NSU, dem „Nationalsozialistischen Untergrund“, die kein gutes Licht auf die Behörde warfen. Zu Ermittlungen führte ein Beitrag über den deutschen Influencer Fynn Kliemann und dessen Geschäfte mit Schutzmasken sowie eine Art Test, bei der gezeigt wurde, wie unterschiedlich Polizeistationen bei Hassbotschaften im Internet ermitteln, auch wenn diese strafrechtlich relevant sind. Für – zum wiederholten Male - preiswürdig erachtet das Grimme-Institut darum das „ZDF Magazin Royale“.

Böhmermann und sein Team erhalten auch heuer den Grimme-Preis, die Auszeichnung für Qualitätsfernsehen, gab das Institut am Dienstag in Köln bekannt. "Eigene Rechercheleistungen und für ein größeres Publikum satirisch aufbereitete Informationen, die sonst nur ein Fachpublikum erreicht hätten, sind zum Markenzeichen des 'ZDF Magazin Royale' geworden", begründete die Jury die Entscheidung. Das Themenspektrum sei "beeindruckend" - vom Angriff Russlands auf die Ukraine über das Klima bis zum deutschen Schlager. "Jan Böhmermann macht daraus Unterhaltung mit Informationswert - oder Information mit Unterhaltungswert, ganz wie man will."

Böhmermanns Konzept basiere auf einer "simplen Überlegung": In einer Welt, in der Politikerinnen und Politiker "wie Clowns" agierten, hätten echte Clowns keine andere Wahl als selbst politisch zu werden. "Genau das tut der politisch gewordene Clown Jan Böhmerman."

Für Böhmermann ist es nach Angaben des Grimme-Instituts bereits der sechste Grimme-Preis in seiner Karriere. Zudem erhielt der 42-Jährige einmal die sogenannte besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbandes (DVV), des Preisstifters.

Grimme-Preis auch für "Unser Sandmännchen" 

Der Kinder-Klassiker "Unser Sandmännchen" erhält nach Angaben des Grimme-Instituts indes zum ersten Mal die begehrte Trophäe. Die Auszeichnung gehe an Stefan Schomerus (Buch/Regie) sowie Tine Kluth (Animation) für eine RBB-Produktion, die im Juni 2022 zum ersten Mal im Kinderkanal (KiKA) ausgestrahlt worden sei. Der Sandmännchen-Film behandelt ein sogenanntes Recycling-Fahrzeug - aus gebrauchten und defekten Dingen entsteht darin auf Knopfdruck etwas Neues.

"Besonders gelungen findet die Jury die Modernisierung der Animation und die Beschäftigung mit dem wichtigen Thema Nachhaltigkeit, das hier - wie immer ohne Worte - kindlich begreifbar gemacht wird", hieß es in der Begründung. Der Sandmann, der abendlich Kinder über das Fernsehen in die Schlafenszeit begleitet, ist schon mehr als 60 Jahre alt - 1959 wurde "Unser Sandmännchen" erstmals im DDR-Fernsehen ausgestrahlt. Der kleine Mann ist Deutschlands dienstälteste Kinderfernsehen-Figur und hat den Sandmann aus dem Westen überlebt.

Besonders viele Preise für das ZDF

Insgesamt wurden am Dienstag in Köln 16 Grimme-Preise sowie drei Sonderpreise bekanntgegeben. Besonders gut schneidet 2023 das ZDF ab. Neben Böhmermann konnten zum Beispiel auch die Serie "Neuland" und der Film "Die Wannseekonferenz" überzeugen. Auch das Drama "Im Feuer - Zwei Schwestern" bekam einen Grimme-Preis zugeteilt. Es begleitet eine junge Bundeswehrsoldatin auf der Suche nach ihrer im Irak vermissten Schwester.

Gute Nachrichten nach krisenhaften Zeiten gab es zudem für den Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Mit dem Preis für die "besondere journalistische Leistung" zeichnete die Grimme-Jury die Redaktion des RBB-Politmagazins "Kontraste" aus. Gewürdigt wurden ihre "kontinuierlichen investigativen Recherchen zu Randthemen des Rechtsradikalismus".

Auch mehrere Dokumentationen konnten Grimme-Preise ergattern - darunter "Atomkraft Forever" (SWR/NDR) und "Die Story im Ersten: Leben nach Butscha - Trauma und Hoffnung" (WDR).

Grimme-Preise auch für Netflix

Schon bei den Nominierungen für den Grimme-Preis - in diesem Jahr waren 71 Produktionen und Einzelleistungen ins Rennen gegangen - hatte sich abgezeichnet, dass das Thema Vielfalt in der Gesellschaft ein prägendes für den diesjährigen Grimme-Jahrgang werden könnte. Zum Teil bewahrheitete sich das auch. Mehrere Formate aus diesem Spektrum konnten sich am Dienstag über eine Auszeichnung freuen.

Eine Auszeichnung wurde zum Beispiel an das Format "Queer Eye Germany" des Streamingdienstes Netflix vergeben, in dem queere Lifestyle-Experten das Leben ihrer Kandidaten zum Positiven verändern wollen. "Echte Empathie und Sensibilität im Ausdruck sind ein seltenes Gut auf dem Gebiet des Reality-Fernsehens", würdigte die Jury die Show. Einen weiteren Preis bekam Netflix für die Serie "KLEO" mit Schauspielerin Jella Haase zugesprochen.

Ebenfalls bedacht wurde das Vox-Format "Zum Schwarzwälder Hirsch - eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer". In der Sendung macht TV-Koch Tim Mälzer Menschen mit Trisomie 21 fit für den Restaurant-Betrieb. Das Format gewann nicht nur einen Grimme-Preis, sondern auch den sogenannten Publikumspreis.

Die sogenannte besondere Ehrung im Rahmen des Grimme-Preises geht 2023 unterdessen an Kabarettistin und Schauspielerin Maren Kroymann. Mit ihrem Schaffen und Wirken stehe die 73-Jährige "für die kraftvolle Vielfalt weiblicher Identitäten im Deutschen Fernsehen", hieß es zur Begründung. "Dabei hat sie die Hürden und Entwertungen der traditionell männlich geprägten Fernsehkultur durchleben müssen, wovon sie sich aber nicht hat entmutigen lassen, im Gegenteil."

Grimme-Preis

Die Grimme-Preise sind nicht mit Geld verbunden, gelten unter Fernsehleuten aber als hochrenommiert. Sie sollen Fernsehsendungen und -leistungen auszeichnen, "die für die Programmpraxis vorbildlich und modellhaft sind", wie es heißt. Die Auszeichnung wird seit 1964 jährlich verliehen. Vergeben werden die Preise am 21. April in Marl.

(APA/Red.)

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