Kommunikation

Können Sie den Klimawandel erklären?

Kohlekraftwerke sind dem Klima abträglich, so viel weiß man.
Kohlekraftwerke sind dem Klima abträglich, so viel weiß man.(c) IMAGO/Wienold
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Die Biologin Frauke Fischer versucht den Klimawandel so niederschwellig wie möglich zu erklären. Lösungsansätze dafür findet die Expertin für Biodiversität in der Natur.

Können Sie den Klimawandel erklären? Sicher, die Erde erwärmt sich und Schuld daran ist der Mensch mit seiner Industrie und dem vielen CO₂. Das weiß jeder, aber wie so ein Kohlenstoffkreislauf jetzt genau funktioniert, das hat man vor vielen Jahren vielleicht in der Schule gelernt. 

„Gehört hat vom Klimawandel wirklich schon jeder, das stimmt“, pflichtet die Biologin Frauke Fischer bei, „aber was es dann wirklich ist, wissen die Leute unter Umständen doch nicht. Und fragen traut man sich erst recht nicht.“ Der Unterschied zwischen Kohlenstoff und Kohlenstoffdioxid, welche Treibhausgase es gibt, und wie Klima und Wetter genau zusammenhängen, all das werde im Alltag selbstverständlich vorausgesetzt. Genau deswegen hat Fischer gemeinsam mit der Wirtschaftswissenschaftlerin Hilke Oberhansberg das Buch „Wal macht Wetter“ geschrieben. „Bei uns kann man all das noch einmal nachlesen, ohne den Finger öffentlich heben zu müssen, das weiß man nicht so genau.“

Den Klimawandel verständlich zu kommunizieren, sei wichtig. Damit immer mehr Entscheidungsträger ihre Aufgabe rund um den Klimawandel ernst nehmen, müssten sie von einer Bescheid wissenden Öffentlichkeit dorthin getrieben werden, findet Fischer. „Wissen nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Bescheid, dann ändert sich im Großen und Ganze nichts.“ 

Forschung, Beratung, Kommunikation

Die Frage nach dem Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft beschäftigt Fischer, die eigentlich Tropenbiologin ist und jahrelang in der Forschung tätig war, schon lange. „Wie erreicht man denn Menschen, die damit noch nichts zu tun hatten, oder nicht verstehen, wie das mit ihrem Leben zusammenhängt?“

Nach ihrer Forschungstätigkeit im Bereich Naturschutz unter anderem im Senegal gründete sie deswegen eine Beratungsagentur und beriet Unternehmen zu den Themen Nachhaltigkeit oder Corporate Responsibility. Ihr eigentliches Fachgebiet, Biodiversität, war lange nicht gefragt, das hat sich mittlerweile geändert.

Schon im ersten Buch von Fischer und Oberhansberg, „Was hat die Mücke je für uns getan?“, war deswegen der ökonomische Blickpunkt sehr wichtig, damals ging es um Biodiversität. „Das ist nicht nur ein Thema für Menschen, die Tiere gern mögen.“ Im Folgebuch wird jetzt erklärt, wie biologische Vielfalt und der Klimawandel zusammenhängen.

Zwillingskrise: Klimawandel und Biodiversität

Dabei geht es nicht nur um den Effekt des Klimawandels auf die Biodiversität und umgekehrt, sondern vor allem darum, wie Biodiversität den Klimawandel verlangsamen könnte. Denn immerhin wird mittlerweile von der „Zwillingskrise“ gesprochen, wenn es um Klima und Biodiversität geht. „Viele Maßnahmen, die heute im Namen des Klimaschutzes getätigt werden, schaden der Biodiversität“, erklärt Fischer und nennt etwa die Aufforstung von Monokulturen mit standortfremden Arten als Beispiel. 

Dabei hätte die Natur oft die besseren Lösungen parat. Statt der gerade viel besprochenen CCS-Technologie, also der Abscheidung und Speicherung von CO₂, plädiert sie für die Renaturierung von degradierten Böden: Natürliche Ökosysteme und fruchtbare Böden seien die besseren Kohlenstofflager. „Anders als die CCS-Technologie entsorgt ein Ökosystem nicht nur einen Schadstoff, sondern produziert nebenbei noch einen Birnbaum oder einen Hirsch.“ Die Renaturierung degradierter Böden könnten etwa bis zu 26 Gigatonnen CO₂ binden, meint Fischer.

Auch die beiden großen Regenwälder im Amazonas und im Kongo binden nicht nur Kohlenstoff, sondern generieren auch unseren Niederschlag in Mitteleuropa. Diese sogenannten Ökosystemleistungen, die etwa die Regenwaldblöcke auch für andere Teile der Welt leisten würden, würden im derzeitigen wirtschaftlichen System allerdings nicht gewürdigt.

Das Erhalten dieses Ökosystems hätten die Staaten des Kongobecken immer kostenlos zur Verfügung gestellt. Nach dem Lösungsansatz „payment for ecosystem services“ sollte man diese Leistung, die tatsächlich auch wirtschaftliches Funktionieren in Mitteleuropa ermöglicht, monetarisieren, sollten reiche Länder dafür bezahlen. Das wäre natürlich „ein extremes Umdenken, das wären wir einfach nicht gewöhnt.“ 

Naturbasierte Lösungen statt „Technologieoffenheit“?

Und auch hierzulande könnten naturbasierte Lösungen für manche Probleme des Klimawandels adäquate Lösungen schaffen. So würden etwa neu geschaffene Überschwemmungsgebiete an Flüssen für zukünftige Extremwetter wichtig sein. Sie würden auch dafür sorgen, dass der Boden mehr Niederschlag aufnehme und wichtige Feuchtigkeit so länger gespeichert werden könnte, also auch ein Mittel gegen die zuletzt aufgetretene Trockenheit.

Naturbasierte Lösungen seien in der Wissenschaft mittlerweile anerkannt. Während es vor dreißig Jahren das Hauptanliegen der Wissenschaft war, darauf hinzuweisen, dass der Klimawandel ein Problem sei, sie die Wissenschaft jetzt eben wieder voraus: „Wir wissen, dass es nur mit der Natur geht, und wir haben definitiv nicht noch mal dreißig Jahre Zeit, bis Politik und Unternehmen das verstanden haben.“ Politische und ökonomische Entscheidungen würden da noch hinterherhinken.

„Noch kann man etwas machen“ 

Optimistisch wolle Fischer trotzdem bleiben, das zeigt sich auch in ihrem Buch. Es helfe weder Krisen zu leugnen, noch in Panik zu verfallen. Die einzige Möglichkeit Probleme zu lösen, sei aktiv zu werden: „Ich möchte den Menschen gern Hoffnung machen und noch kann man ja etwas machen“, meint Fischer. „Gleichzeitig sehe ich, wie sich die Leute dann zurücklehnen und sagen, dann mach’ ich erst einmal nichts.“

Im politischen Diskurs rund ums Klima würde Fischer gern auch noch andere Jahreszahlen als 2035 oder 2050 hören. „Wer überlegt denn, wie die Welt im Jahr 2100 oder 2150 ausschauen wird? Ich sehe niemanden, der sich über diesen Zeithorizont Gedanken macht. Für die Kinder, die jetzt geboren werden, wäre das wichtig.“ 

Buchtipp

Frauke Fischer, Hilke Oberhansberg: „Wal macht Wetter. Warum biologische Vielfalt unser Klima rettet“,

Oekom Verlag, 208 Seiten, 24 Euro

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