Presserat schickt Offenen Brief an Kanzler Nehammer

(c) Mathias Zojer, Presseclub Concordia
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Die Erhöhung des Förderbetrags reiche nicht aus, um den ordentlichen Geschäftsbetrieb auf derzeitigem Niveau abzusichern, warnt der Presserat. Der Aufwand dürfte mehr werden: Auch reine Onlinemedien sollen künftig in den Zuständigkeitsbereich des Selbstkontrollorgans fallen.

Dass die Arbeit des Presserats in Gefahr ist, weil die finanzielle Lage angespannt ist, davor warnte das Selbstkontrollorgan bereits Anfang April. Doch nun wendet sich der Presserat, zu dessen teilnehmenden Medien auch "Die Presse" gehört, in einem Offenen Brief direkt an Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Der Hintergrund: Der Förderbetrag für den Presserat liegt seit 2010 unverändert bei 150.000 Euro jährlich. Im Qualitätsjournalismus-Förderungsgesetz soll er nun um 37.500 Euro angehoben werden. Doch das reicht nicht aus, "um den ordentlichen Geschäftsbetrieb des Presserats auf derzeitigem Niveau langfristig abzusichern", heißt es in dem Brief. "Umso mehr, also der Gesetzesentwurf vorsieht, dass die Zuständigkeit des Presserats auf reine Onlinemedien ausgeweitet werden soll." Ein solches reines Onlinemedium wäre etwa das Boulevardmedium "Exxpress".

Ein Mitarbeiter müsste gekündigt werden

"Angesichts der derzeit vorgesehenen Mittel müsste mindestens einer der drei Mitarbeiter der Geschäftsstelle gekündigt werden – diese Entwicklung steht dem Zweck einer starken Selbstkontrolle und der gewünschten Ausweitung unseres Aufgabengebietes entgegen", schreibt der Presserat. "Wir appellieren daher dringend an Sie, die Förderung des Presserats noch deutlicher aufzustocken."

Das Budget diene lediglich dem Betrieb der Geschäftsstelle, stellt der Presserat klar. Die 33 Mitglieder der Senate, die im Namen des Presserats die konkreten Entscheidungen treffen, arbeiten ehrenamtlich. "Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, wir sind davon überzeugt, dass eine funktionierende Medien-Selbstkontrolle im Interesse Österreichs ist", heißt es in dem Brief. "Wir ersuchen Sie daher, sich für eine deutlichere Erhöhung der Fördermittel für den Presserat einzusetzen."

Denn "qualitativ hochwertiger unabhängiger Journalismus ist ein wertvolles und für eine Demokratie unverzichtbares Gut – gerade in Zeiten, in denen Desinformationskampagnen überhandnehmen", schreibt der Presserat. "Um Qualitätsjournalismus zu unterstützen, bedarf es auch eines starken Presserats, der sich in den vergangenen zwölf Jahren als Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien etabliert hat."

Der Presserat

Der Österreichische Presserat ist im November 2010 nach acht Jahren Pause und selbstkontrolllose Zeit neu gegründet worden. Trägerverbände sind der Verband Österreichischer Zeitungen, die Journalistengewerkschaft, der Österreichische Zeitschriften- und Fachmedienverband (ÖZV), der Verband der Regionalmedien Österreichs (VRM), der Verein der Chefredakteure sowie der Presseclub Concordia.

Mit Ausnahme der „Kronen Zeitung“ erkennen den Ehrenkodex des Presserats alle Tages- und Wochenzeitungen an; „Österreich“ seit 2017, „Heute“ seit 2021.

Die Zahl der Meldungen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Zur Berichterstattung über den Terroranschlag in der Wiener Innenstadt gab es allein 1500 Beschwerden.

>> presserat.at

Der Offene Brief im Wortlaut

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!

Qualitativ hochwertiger unabhängiger Journalismus ist ein wertvolles und für eine Demokratie unverzichtbares Gut – gerade in Zeiten, in denen Desinformationskampagnen überhandnehmen.

Qualitätsjournalismus steht jedoch zunehmend unter großem Druck; in erster Linie, weil viel Werbegeld von den Zeitungen zu den sozialen Medien abwandert. Vor diesem Hintergrund wird nun erfreulicherweise ein Qualitätsjournalismus-Förderungsgesetz beschlossen, das auch dem Presserat zugutekommt.

Um Qualitätsjournalismus zu unterstützen, bedarf es auch eines starken Presserats, der sich in den vergangenen zwölf Jahren als Selbstkontrollorgan der österreichischen Printmedien etabliert hat. Das zeigen nicht nur die gestiegenen Fallzahlen, sondern auch die Tatsache, dass – mit einer einzigen Ausnahme – alle Tages- und Wochenzeitungen den Ehrenkodex des Presserats anerkennen. Der Presserat versteht sich als Anlauf- und Servicestelle für alle Leserinnen und Leser: Diese können auf unbürokratischem Weg kostenlos einen Artikel durch die unabhängigen und weisungsfreien Senate des Presserats überprüfen lassen.

Der Förderbetrag für den Presserat liegt seit 2010 unverändert bei 150.000 €. Im Qualitätsjournalismus-Förderungsgesetz soll er nun um 37.500 € angehoben werden. Wir begrüßen das Bekenntnis zum Presserat, das darin zum Ausdruck kommt. Mit Blick auf die Inflation seit 2010 und den stark gestiegenen Arbeitsaufwand reicht diese Erhöhung jedoch nicht aus, um den ordentlichen Geschäftsbetrieb des Presserats auf derzeitigem Niveau langfristig abzusichern. Umso mehr, also der Gesetzesentwurf vorsieht, dass die Zuständigkeit des Presserats auf reine Onlinemedien ausgeweitet werden soll. Wir appellieren daher dringend an Sie, die Förderung des Presserats noch deutlicher aufzustocken. Angesichts der derzeit vorgesehenen Mittel müsste mindestens einer der drei Mitarbeiter der Geschäftsstelle gekündigt werden – diese Entwicklung steht dem Zweck einer starken Selbstkontrolle und der gewünschten Ausweitung unseres Aufgabengebietes entgegen.

Das Budget des Presserats dient lediglich dem Betrieb der Geschäftsstelle – wir, die 33 Mitglieder der Senate, die im Namen des Presserats die konkreten Entscheidungen treffen, arbeiten ehrenamtlich.

Wir begrüßen Ihren Vorschlag, dass alle Schülerinnen und Schüler in Zukunft kostenlose E-Paper-Ausgaben jener Zeitungen erhalten sollen, die den Presserat anerkennen. Auch darin erkennen wir eine Wertschätzung der journalistischen Selbstkontrolle.

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, wir sind davon überzeugt, dass eine funktionierende Medien-Selbstkontrolle im Interesse Österreichs ist. Wir ersuchen Sie daher, sich für eine deutlichere Erhöhung der Fördermittel für den Presserat einzusetzen.

(Red.)

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