Kultur. Zensur, wenig staatliches Engagement in Kunst und Wissenschaft, klerikale Macht: Die Voraussetzungen für die Aufklärung im Wien des 18. Jahrhunderts waren ungünstig.
In Wien, einer europäischen Großstadt, gab es 1751 kaum mehr als fünf oder sechs schriftstellerisch tätige Bürger: ein mageres Ergebnis für die Mitte des Jahrhunderts der Aufklärung. Von einer Stagnation der literarischen Produktion zu sprechen wäre geradezu ein Euphemismus. „Man fürchtete in jedem Epigramm eine Zweideutigkeit, in jedem Romanchen einen Steinregen auf die Kirche, in jedem philosophischen Denkzettel eine Absicht gegen die Ruhe des Staates“, sagte der Schriftsteller Johann Pezzl. Selbst ein als aufgeklärt geltender Mann wie Maria Theresias Leibarzt, Gerard van Swieten, war für ein Verbot von Lessing, Wieland, Voltaire, Ariost, Rousseau, Fielding. Immerhin erlaubte er die wegen ihrer „Nuditäten“ anrüchigen anatomischen Lehrbücher. Goethes „Werther“ kam gleich nach seinem Erscheinen auf den Index.
Hatte es die Aufklärung im 18. Jahrhundert im katholischen Süden schwerer als im protestantischen Norden? Die Verspätung ist schwer zu übersehen, schuld daran war die Dominanz religiöser Institutionen im Habsburgerreich, die Gegenreformation, die wenig von Toleranz, mehr von Festigkeit im katholischen Glauben hielt, der durch die Lektüre englischer oder französischer Schriften und das viele Lesen überhaupt ins Wanken zu geraten drohte. Es fehlte an einer staatlichen Förderung von Wissenschaften und Künsten, die Universität in Wien war in klerikaler Hand. Entschiedene Vertreter der Aufklärung waren nur die Freimaurerlogen. Dass sich in der Folge dennoch eine gebildete bürgerliche Schicht entwickelte, war nicht intendiert. Das ergab sich einfach.