Stadtleben

Freitagnachmittag mit Drinks und Kunst

Christof Habres und Alexander Giese (v. l.) laden jeden Freitag zum „Symposium“.
Christof Habres und Alexander Giese (v. l.) laden jeden Freitag zum „Symposium“.(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)
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Sie reden bei Cocktails und Schnittlauchbrot über Kunst und Messen, gern auch mit einem kritischen Blick auf das ganze „Brimborium": Mit ihrem Format „Kunst und Schnittlauch“ haben sich Barexperte Christof Habres und Galerist Alexander Giese längst eine Fangemeinde aufgebaut. Neuerdings gibt es auch ein eigenes Klubhaus.

Christof Habres war gerade auf der Kunstmesse in Madrid, als ihn der Anruf Alexander Gieses erreichte. Er habe damals nicht genau verstanden, was Giese wollte, erinnert sich Habres. „Aber mit ihm mache ich fast alles. Außer Radfahren“. Dabei sei Giese extrem.

Was Galerist Giese im Sinn hatte, war jenes Format, das heute, nach gut einem Jahr, eine stabile (und wachsende) Fangemeinde verzeichnet: „Kunst und Schnittlauch“, ein freitagnachmittägliches Kunstgespräch bei Cocktail und Schnittlauchbrot.

Hintergründe, erzählt Kunsthändler Giese, gab es dafür mehrere. Etwa jenen, dass die Galerie Giese und Schweiger in der Akademiestraße, die er mit seinem Vater führt, seit einiger Zeit über einen zweiten, modernen Raum verfügt: In der Pandemie war das Haus an der Ecke zur Walfischgasse renoviert worden, der hier beheimatete TÜV ausgezogen; es stellte sich die Frage, was man mit dem hinzugewonnenen Teil – außer Ausstellungen – noch anfangen könnte.

Ebenfalls in der Pandemie hatte Giese mit einem Podcast begonnen, der aufgrund seiner Vorlaufzeit der Aktualität aber immer hinterhergehinkt war. Ein Übriges tat ein gemeinsamer Abend von Giese und Habres in Salzburg, wo eine Messeveranstalterin zum Schnitzelessen eingeladen hatte und die beiden mit ihrem lockeren Austausch bald den ganzen Tisch unterhielten.

Newsletter und Tagessuppe

Dass Kunstjournalist Habres in seinem zweiten Leben Cocktailexperte und Autor des Wiener Barbuchs ist, erklärt den eigenen Anspruch als „beste Hosts“ der Stadt. Für die namengebenden Schnittlauchbrote (von wegen „auf jeder Suppe“, außerdem sei Schnittlauch ein bisschen scharf) hat sich mit Ströck inzwischen ein Sponsor gefunden, mit Campari einer für die (professionell gemixten) Drinks.

Apropos: Anfang jeder Woche verfasst Habres vorab für Interessierte einen lyrischen Newsletter mit möglichen Gesprächsthemen aus dem dichten Kulturkalender. „Am Freitag ist das alles null und nichtig, weil wir bis dahin schon wieder so viel erlebt haben.“ Das Einzige, was ab Montag unverrückbar feststeht, sei der jeweils vorgesehene Cocktail, im Schnittlauch-Jargon gern als Tagessuppe bezeichnet.

Homebase für die wöchentlichen „Symposien“ ist die Galerie, gemeldet haben sich die beiden mit ihrem Format aber auch schon von der Erste-Bank-Tennis-Trophy, aus einer Bar in Madrid oder unlängst aus dem Dorotheum. Eintritt und Labung für das Live-Publikum sind stets frei; für jene, die den Freitagnachmittag nicht (oder zumindest nicht vor Ort) mit Kunst und Cocktails begehen können, gibt es eine Live-Übertragung, außerdem werden die Gespräche aufgezeichnet, auch diese Podcasts haben, wie der Newsletter selbst, längst ihre Fans. Oft und gern sprechen die beiden dabei auch mit Gästen aus der Szene, etwa Künstlern oder Kuratorinnen.

Auch wenn es kitschig klinge: „Wir wollen einfach unsere Liebe zur Kunst vermitteln“, versichern die beiden. „Wir wollen, dass sich die Leute Ausstellungen und Galerien anschauen. Und wir wollen vermitteln: Traut's Euch.“ Unlängst gab es erstmals einen Gallery Walk, für den Habres an die Teilnehmer Zettel mit dem Aufruf zur Bewertung verteilte: „beste Galerienausstellung“, „Arbeit, die ich kaufen würde“, „Preis“. Ziel sei, „diese ganzen Hemmschwellen abzubauen“, sagt Habres. Und womöglich sei das Lieblingskunstwerk ja sogar weniger teuer als erwartet.

Ironischer Blick auf das Kunstmarkt-Brimborium

Überhaupt, versichern die beiden, nehme man die Sache nicht todernst. „Wir versuchen, dieses ganze Kunstmarkt- und Messen-Brimborium auch ein bisschen an der Nase herumzuführen“, formuliert es Habres. So habe natürlich auch „Kunst und Schnittlauch“ eine eigene Foundation. Sie speist sich zwar nur aus einem Spendenkörberl neben der Bar, unterstützt aber mittlerweile tatsächlich Künstler.

Im 18. Bezirk gibt es zudem neuerdings ein Klubhaus in Form einer Wohnung samt Vinylsammlung und darunterliegender Tabaktrafik, über die man verfügen kann. Vor Kurzem hat dort eine Ausstellung von Claus Prokop eröffnet. Mit ihm wird Giese den dieswöchigen Talk ebendort allein bestreiten, Habres weilt diesmal auf der Arco Lisboa, der „kleinen Schwester“ der Arco Madrid. Mit Sicherheit wird er von Kunst und Nachtleben berichten; vielleicht, meint er, gehe sich ja schon diese Woche ein kleiner Live-Einstieg aus. Tagessuppe wird übrigens ein „Toxic Garden“. Habres: „Klingt schlimmer, als er ist.“

Auf einen Blick

Kunst und Schnittlauch. Jeden Freitagnachmittag besprechen Kulturjournalist und Barexperte Christof Habres und Galerist Alexander Giese das Kunstgeschehen der Woche, geben Empfehlungen und Warnungen ab, verteilen Lob und Kritik. Dazu gibt es Cocktails und Schnittlauchbrote. Stets ab 15 Uhr, live auf Instagram ab 16 Uhr, Galerie Schweiger und Giese, Akademiestraße 1 bzw. am 26. 5. aus dem Klubhaus, Währinger Straße 79/13.

Außerdem: 2. Juni Landpartie nach Kittsee zum Stammhaus der Familie Ströck (mit revitalisiertem Backofen; Gerhard Ströck ist engagierter Kunstsammler, das Haus ist gleichzeitig das Geburtshaus des berühmten Geigers Joseph Joachim). 24. Juni nächster Galerienwandertag, am 30. Juni Saisonabschluss in der Bar Campari.

Web: kunstundschnittlauch.com

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