Unterwegs

Straßenkarten aus Papier

Wie Moskau in Zeiten mit Gefahren aus der Luft zu Straßenkarten aus Papier zurückkehrt.

Moskau ist durch und durch digitalisiert. Auf Straßenkarten via Mobiltelefon lässt sich die Anfahrt der Busse in Echtzeit beobachten, bei Taxibestellungen funktioniert es ähnlich, so auch bei Carsharing-Autos und Elektro-Rollern. Und wenn ein Kurier, womit auch immer, zu einem unterwegs ist, bewegt sich auf dieser Straßenkarte ein bunter Punkt durch das Telefon.

Kurz vor dem 9. Mai aber, dem mit viel Hurra-Patriotismus begangenen „Tag des Sieges“ in Russland, nämlich über Hitler-Deutschland anno 1945, fingen die Punkte auf der Karte zu hüpfen an. Carsharing-Fahrzeuge fanden sich virtuell plötzlich in der Moskwa wieder, E-Roller bewegten sich entlang der digitalen Wege, obwohl sie eigentlich an irgendeiner Moskauer Ecke herumstanden. Vor allem um den Kreml herum hatten die Behörden die satellitengestützten Navigationssysteme mit Störsendern irritiert. Taxler wussten sich schnell zu helfen und nahmen gleich mehrere Handys mit.

In dieser Woche half auch das nicht. Als (mindestens) drei Drohnen über Moskauer Wohngebieten herabstürzten, lag die Navigation komplett brach. Wohl dem, der seinen Weg entlang der Moskauer Straßen auswendig kannte. Die anderen irrten herum.

Der Pressesprecher von Glonass, dem vom russischen Verteidigungsministerium betriebenen Navigationssatellitensystem und Pendant zum US-Modell GPS, war da ganz entspannt: Wer in Moskau lebe, müsse seine Stadt ohnehin kennen – für die anderen empfehle er Straßenkarten auf Papier. Vielleicht feiern die kleinen Heftchen, die ganz Moskau abbilden und längst aus dem Alltag verschwunden sind, bald ihr Comeback.

aussenpolitik@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.06.2023)

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