Zwei Wissenschafter behaupten, EU-Kommissar Hahn habe große Teile seiner Dissertation abgeschrieben. "Schwachsinn", sagt Hahn dazu.
Nach der Plagiats-Affäre um den deutschen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nehmen "Plagiatsjäger" nun die Doktorarbeit von EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP) erneut ins Visier.
Am Montag wurde Hahns Dissertation zur Gänze auf die Internetseite "PlagiPedi" gestellt. Die Wiki-Plattform war ursprünglich im Zuge der Plagiatsaffäre um Guttenberg eingerichtet worden, damit auch die wissenschaftlichen Arbeiten anderer deutscher Politiker kollektiv durchsucht werden können. Es finden sich aber mittlerweile auch Österreicher auf der "Liste der zur Überprüfung vorgeschlagenen Arbeiten", darunter Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Grünen-Abgeordneten Peter Pilz.
Für Hahn könnte es unangenehme Folgen haben, dass die Arbeit nun öffentlich zugänglich ist, glaubt Herbert Hrachovec, Philosoph an der Uni Wien. Er hat bereits vor längerem eine Analyse der ersten 100 Seiten durchgeführt, die auch auf Plagipedi verlinkt ist. Die Publikation in "PlagiPedi" könnte seiner Einschätzung nach dafür sorgen, "dass es so ausgeht wie bei Guttenberg", so Hrachovec am Montag.
"Keine eigene geistige Leistung erbracht"
Zuvor hatten bereits zwei Wissenschafter behauptet, Hahn habe große Teile seiner Doktorarbeit abgeschrieben. Gerhard Fröhlich, Professor an der Universität Linz, erklärte im Boulevardblatt "Österreich" (Sonntags-Ausgabe) dass er die Doktorarbeit mit dem Titel "Perspektiven der Philosophie heute" derzeit genau untersuche. "Er hat keine eigene geistige Leistung erbracht. Die Arbeit ist zu neunzig Prozent 1:1 von anderen übernommen. Er hat nur alle paar Seiten Fußnoten oder Anführungszeichen gesetzt, das ist nicht korrekt", sagte Fröhlich.
Auch der bekannte Plagiatsjäger Stefan Weber ist der Meinung, dass es sich bei Hahns Arbeit um ein Plagiat handelt: "Bisher kann ich sagen, dass es sich wahrscheinlich um ein Plagiat handelt. Ein Textsegment wird zitiert, die nächsten Absätze werden nicht zitiert, stammen aber fast wörtlich aus der Originalquelle."
Hahn soll etwa Passagen von den Autoren Leopold Kohr und Alexander Mitscherlich nahezu wortwörtlich übernommen haben. Fröhlich und Weber fordern nun, dass Hahns Arbeit von der Universität Wien auf Plagiatsverdacht geprüft werden soll. Bisher ist das nicht geschehen, die Arbeit wurde 2007 von der Universität Zürich geprüft, weil Hahn damals Wissenschaftsminister war.
Hahn wehrt sich: "Schwachsinn"
Der EU-Kommissar weist im "Österreich"-Interview alle Vorwürfe zurück: "Die Vorwürfe sind Schwachsinn. Ich habe die Arbeit zuerst händisch verfasst, dann abgetippt. Niemand schreibt hundert Seiten ab. Ich habe 440 Zitate in meiner Arbeit gehabt. Zudem hat die Uni Zürich bereits 2007 festgestellt, dass es sich um kein Plagiat handelt."
Auch im ORF-Fernsehen am Samstag-Abend gab sich Hahn in der Nachrichten-Sendung "Zeit im Bild" empört über die Vorwürfe der Wissenschaftler Fröhlich und Weber.
(APA/Red.)