Der Überlebenskampf der FDP verdeckt den Blick auf die ernste Lage der Kanzlerpartei.
Kommentar
Bekannt ist, dass Angela Merkel und Guido Westerwelle gern per SMS kommunizieren. Nicht bekannt ist, ob die Kanzlerin und CDU-Chefin ihrem gestürzten bisherigen Pendant bei den Liberalen in den letzten Tagen ein „Danke“ gesendet hat. Anständig wäre es, denn nur den Auflösungstendenzen der FDP ist es zu verdanken, dass der durchaus ernste Zustand der CDU in den Hintergrund tritt.
Zur Erinnerung: Merkels „schwäbische Hausfrauen“ (und deren Männer) haben die Union nach 58 Jahren an der Macht in Baden-Württemberg vor die Tür gesetzt. Das Bundesland wurde nicht von der CDU regiert, es war CDU. Dass der abgewählte Ministerpräsident die Schlüssel ausgerechnet einem Grünen übergeben wird, führt zum Kern des Problems der Kanzlerpartei.
Merkel hat einen Spagat vor sich, der eigentlich nicht zu schaffen ist: Auf der einen Seite ist der konservative Markenkern der CDU in den Jahren des Merkel'schen Pragmatismus zusehends unkenntlich geworden. Das vergrätzt Stammwähler.
Auf der anderen Seite muss sich die CDU, da ihr Koalitionspartner gerade auf Minimundus-Format schrumpft, gegenüber dem üppig sprießenden Grün öffnen. Wie das zusammengehen kann, weiß derzeit wohl nicht einmal die um kaum einen politischen Hakenschlag verlegene Kanzlerin, die – auch daran muss erinnert werden – die CDU bei der Bundestagswahl 2009 auf den historischen Tiefststand von 33,8 Prozent brachte. Nur durch das damals starke Abschneiden der FDP reichte es für die „Wunschkoalition“.
Philipp Rösler ist um seine neue Aufgabe, die gesunkene FDP wieder flottzukriegen, nicht zu beneiden. Vor dem kniffligeren Problem dürfte mittelfristig Merkel stehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.04.2011)