Natasha Bedingfield: „Ich bin im Grunde Pessimistin“

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Die britische Sängerin Natasha Bedingfield ist einer der Stars auf dem Life Ball. Mit der „Presse am Sonntag“ sprach sie über Wikipedia-Stalker, und warum es ihr schwer fällt, fröhliche Songs zu schreiben.

Erst war da Daniel Bedingfield. Dann kam seine Schwester Natasha. Sie sorgte für einen Rekord: Als erstes Geschwisterpaar erklommen die beiden unabhängig voneinander Platz eins der britischen Charts. Wer mit ihrem Namen wenig anfängt, braucht nur „These Words“, „Unwritten“ oder „Soulmate“ anzuspielen, um zu wissen, um wen es geht. Zum Interview im „Le Meridien“ kommt die 29-jährige Britin etwas verspätet (am Tag zuvor war es im „Platzhirsch“ spät geworden), aber gut gelaunt, den Kaffeebecher noch in der Hand. Und beginnt gleich selbst, Fragen zu stellen.

Natasha Bedingfield: Mögt Ihr hier eigentlich alle klassische Musik?

Nein, nicht alle. Sie?

Ja, sehr.

Auf Ihrem neuen Album ist ein Song mit dem Titel „No Mozart“. Das heißt also nicht, dass Sie etwas gegen ihn haben?

Nein. Dieser Song ist das einzige Liebeslied auf meinem Album. Ich habe ja geheiratet, und jeder hat erwartet, dass das ganze Album ein einziger Love Song werden würde. In „No Mozart“ geht es um die Art und Weise, wie man von jemandem behandelt wird. Vor allem Männer versuchen oft, perfekt zu sein, alles für eine Frau zu sein. Aber es geht doch um die kleinen Dinge, die Art, wie dich jemand berührt, wie er sich um dich kümmert. Das ist wichtig, nicht, dass man perfekt ist. Wie in der klassischen Musik. Da versuchen die Leute oft, alle Noten richtig zu spielen, aber sie spielen nicht mit Gefühl.

Ihre Eltern waren Sozialarbeiter, sie selbst haben im Kirchenchor gesungen. Trotzdem haben sie sich beklagt, dass manche ein falsches Bild von Ihrer Vergangenheit haben?

Stimmt, ich bin in der Kirche aufgewachsen, aber ich habe einige Wikipedia-Stalker, die Falsches über mich schreiben. Etwa, dass ich eine Karriere mit christlicher Musik gehabt hätte. Nicht alles, was in Wikipedia steht, stimmt.

Sind Sie in einem strengen Milieu aufgewachsen? Und geflüchtet, wie Katy Perry?

Meine Familie waren irgendwie Hippie-Christen, es war nicht so streng. Außerdem hat sich meine Familie mit der Zeit verändert, ist immer offener geworden. Ich musste nicht ausbrechen.

Der Life Ball hat einen ernsten Hintergrund. Ihre Eltern haben auch mit Drogenabhängigen gearbeitet. Waren Sie dadurch jemals mit HIV konfrontiert?

Jemand, den meine Eltern wegen seiner Alkoholabhängigkeit betreut haben, war schon ein enger Freund der Familie, als wir noch Kinder waren. Er hat auf uns aufgepasst, er war ein toller Mensch. Dann hat er erfahren, dass er HIV-positiv war, und ist an Aids gestorben. Er war der erste Tote, den ich gesehen habe. Sein Name war William. Er hatte ein wunderschöne Stimme ...

Sie singen auf Ihrem neuen Album auch von Verlust.

Jeder verliert Dinge – und Menschen. Während ich an dem Album gearbeitet habe, sind einige Menschen, die mir nahe waren, gestorben. Es ist schwer damit umzugehen, es gibt nichts, das dich darauf vorbereitet. Was mich erstaunt, ist, dass wir einen solchen Überlebenswillen haben, einen Instinkt, der will, dass wir wieder zu hoffen beginnen. In „Can't Fall Down“ gibt es eine Zeile: Hoffnung ist unwiderstehlich. Sie kommt immer wieder, bringt uns dazu, wieder lieben zu können.

War es schwierig, ein doch sehr fröhliches Album zu produzieren, nachdem man gerade Menschen verloren hat?

Absolut. Es ist viel leichter, traurige Songs zu schreiben. Ich habe zwei- oder dreimal so viele traurige Lieder. Aber aus irgendeinem Grund sind die Lieder, die die Leute von mir mögen, die fröhlichen. Dabei bin ich eine Pessimistin. Mein Mann ist ein Optimist, er ist viel amerikanischer. Er war erstaunt, dass ich so bin, wo ich doch „das Mädchen“ bin, „das ,Pocketful Of Sunshine‘ geschrieben hat“. Vielleicht schreibe ich deshalb solche Songs, weil ich dafür kämpfen muss, positiv zu sein. Manchmal ist es schwer, in der Früh aufzuwachen.

Sie sind jetzt seit zwei Jahren verheiratet. Wie ist es?

Viel Spaß. Natürlich ganz anders, als Single zu sein, plötzlich muss ich Entscheidungen mit jemand anderem treffen. Das ist neu. Aber dafür habe ich jetzt einen Gefährten. Das hatte ich noch nie. Abgesehen vielleicht von meiner Schwester, aber das ist nicht das Gleiche.

Natasha Bedingfield (29) stammt ursprünglich aus Neuseeland, ist aber in London aufgewachsen. Seit 2009 ist sie mit einem US-Geschäftsmann verheiratet und lebt auch in Los Angeles.

Der Durchbruch gelang ihr 2004 u. a. mit der Single „These Words“ und dem Album „Unwritten“.

Ihr aktuelles Album „StripMe Away“ erschien am 13. Mai, die erste Single dazu ist „Pocketful Of Sunshine“.

("Die Presse am Sonntag", Print-Ausgabe, 22. Mai 2011)

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