Künftige Chef der Europäischen Zentralbank Mario Draghi sowie Chefvolkswirt Jürgen Stark kündigen Zinserhöhungen an. Dank positiver Konjunkturdaten hat Ankurbelung der Wirtschaft nicht mehr höchste Priorität.
Wien/Apa/Stef. Die Europäische Zentralbank (EZB) rechnet für 2011 mit einer Teuerung von 2,5 Prozent. Das prognostizierten der künftige EZB-Chef Mario Draghi und Chefvolkswirt Jürgen Stark am Mittwoch. Damit wird die Notenbank wie erwartet ihr wichtigstes geldpolitisches Ziel – eine Inflationsrate von unter zwei Prozent – heuer deutlich verfehlen.
Um die steigenden Preise zu bekämpfen, dürfte die Institution den Leitzins von derzeit 1,25 Prozent schon bald anheben. „Wir gehen davon aus, dass das Wachstum anhält. Deswegen besteht ein geringerer Bedarf an fiskal- und geldpolitischer Unterstützung“, sagte Stark der griechischen Zeitung „Kathimerini“.
Gefahr für Griechenland
Soll heißen: Dank positiver Konjunkturdaten hat eine Ankurbelung der Wirtschaft für die EZB nicht mehr höchste Priorität. Höhere Zinsen bergen nämlich die Gefahr, das Wachstum zu bremsen, weil Private ihr Geld eher sparen und Firmen wegen teurerer Kredite weniger investieren. Auf einen genauen Zeitpunkt für den Zinsschritt wollen sich Draghi und Stark nicht festlegen. Experten gehen von einer Anhebung auf 1,5 Prozent im Juli aus.
Für Länder wie Deutschland oder Österreich scheint ein solcher Schritt wegen der hohen Inflation für angebracht. Für das schuldengeplagte Griechenland bedeutet er aber Gefahr. Glaubt man der Politik, will das Land die Zahlungsunfähigkeit vermeiden, indem es sich schon bald wieder über den Kapitalmarkt finanziert. Die Kosten dafür steigen im Einklang mit den Zinsen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2011)