EZB erhöht Leitzins wie erwartet auf 1,5 Prozent

EZB hebt den Leitzins auf 1,5 Prozent an
EZB hebt den Leitzins auf 1,5 Prozent an(c) EPA (Boris Roessler)
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Die Europäische Zentralbank hebt den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte an. Präsident Trichet sagte, die EZB werde alle Entwicklungen "sehr genau" beobachten.

Die Europäische Zentralbank (EZB) dreht erneut an der Zinsschraube. Wegen anhaltenden Inflationsdrucks wird der Leitzins im Euro-Raum wie erwartet um 0,25 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent erhöht. Mit dem zweiten kleinen Zinsschritt binnen drei Monaten setzen die Währungshüter ihren allmählichen Ausstieg aus der Krisenpolitik des extrem billigen Geldes fort. Zuvor hatte der wichtigste Zins zur Versorgung der Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld seit Mai 2009 auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent verharrt.

Die Zinserhöhung sei wegen aufwärts gerichteter Inflationsrisiken erfolgt, sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet in seiner Pressekonferenz. Zudem sei die Liquiditätsversorgung im Währungsraum immer noch hoch. Trichtet bezeichnete die breite Geldversorgung als Inflationsrisiko. Ein Risiko für die Preisstabilität sind auch die Energiepreise. Auch nach der Zinserhöhung sei die Geldpolitik akkommodierend, also wachstumsstützend. Die Zinsen seien nach wie vor niedrig. Die EZB werde alle Entwicklungen "sehr genau" beobachten.

Volkswirte erwarten weitere Erhöhung

Volkswirte erwarten ungeachtet der lodernden Staatsschuldenkrise in Griechenland und anderen Euroländern mindestens eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr. "Da sich die Inflationsrate stabilisiert und das Wirtschaftswachstum gerade eine kleine Pause einlegt, wird die EZB mit dem nächsten Zinsschritt aber voraussichtlich bis Dezember warten", prognostizierte Berenberg-Ökonom Christian Schulz.

Höhere Zinsen helfen im Kampf gegen die Inflation: Kredite werden tendenziell teurer, das mindert die Neigung von Unternehmen und Verbrauchern, auf Pump zu investieren und zu konsumieren. Andererseits könnten höhere Zinsen die Wirtschaftserholung in den europäischen Schuldenländern zusätzlich erschweren, wo rigide Sparauflagen den Aufschwung ohnehin bremsen.

Heimische Banken reagieren teilweise

Von den heimischen Banken ist die wenig überraschende Zinsanhebung der EZB zum Teil schon vorweg genommen worden, andere gehen aktuell nach oben.

Die Erste Bank wird den Zinsschritt bei den Sparbüchern an ihre Kunden weitergeben, die Kreditzinsen im Neugeschäft werden unverändert belassen, so die Bank.   Die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien (RLB NÖ-Wien) hat nach eigenen Angaben die Zinsentscheidung größtenteils schon vorher "eingepreist". Derzeit sei nichts weiteres geplant, sagte eine Sprecherin. Die Bank Austria erhöht die Einlagenzinsen jetzt mittels eines neuen Kapitalsparbuchs, das für 9 Monate mit 1,8 Prozent verzinst ist. Andere Spar-Produkte wurden seit Juni schon höher verzinst. Bei den Kreditzinsen gebe es wie schon seit Jahren keine pauschale Erhöhung, sagen die Banken unisono.

Kritik von AK und WKÖ

Der Zinsschritt der EZB  "heizt die negative Spirale für die hoch verschuldeten Länder weiter an", gab AK-Präsident Herbert Tumpel zu bedenken. Er warnte: "Wer die Inflation bekämpfen will, soll nicht die Schulden teurer machen. Auch WKÖ-Chef Christoph Leitl zeigte sich enttäuscht. "Die Europäische Zentralbank mahnt zu Recht eine Konsolidierung der Staatshaushalte im Euroraum ein. Mit Zinserhöhungen erschwert sie aber die Konsolidierungsbestrebungen der Euro-Staaten", mahnte Leitl. Bei den Unternehmenskrediten könnte die Umsetzung von Basel III zu einer Erhöhung der Zinsen in der Europäischen Union führen. Leitl fordert daher, dass dieser Faktor stärker von der EZB berücksichtigt werde.

(APA)

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