"Unmenschlich": Papst geißelt Ustascha-Regime

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EU-Skepsis und ein nationalistischer Klerus: Der Papst kam vor dem Hintergrund einer tiefen politischen und ökonomischen Krise und wachsender EU-Skepsis des EU-Anwärters.

Zagreb/Ros. Zumindest gegen Ende der verregneten Papstvisite kam im vermeintlichen balkanischen Bollwerk des Katholizismus Stimmung auf: „Benedikt, Benedikt“, skandierten die Gläubigen, als sich Benedikt XVI. im Papamobil im Zagreber Hippodrom den Weg zur Sonntagsmesse bahnte. Doch mit „nur“ 300.000 Besuchern blieb nicht nur der Pilgerzuspruch bei seiner ersten Kroatien-Visite weit hinter den Erwartungen und dem Interesse bei drei Besuchen Johannes Pauls II. zurück: Auch von Masseneuphorie war bei dem von vielen Problemen getrübten Einstandsbesuch des Pontifex in Zagreb wenig zu spüren.

Der Papst kam vor dem Hintergrund einer tiefen politischen und ökonomischen Krise und wachsender EU-Skepsis des EU-Anwärters. Analysten orakelten im Vorfeld, Benedikt werde danach trachten, die nationalen Kreise in Kroatiens Kirche zu beschwichtigen und die Proeuropäer zu stärken. Tatsächlich betonte Benedikt kurz vor der Ankunft in Kroatien, der bevorstehende EU-Beitritt des Landes sei ein „logischer, richtiger und notwendiger“ Schritt.

Vor allem grenzte sich der Papst von der oft verklärten Gesichte Kroatiens unter dem faschistischen Ustascha-Regime im Zweiten Weltkrieg ab: Sie sei ein „unmenschliches Regime“ gewesen. Das hielt Kroatiens Kirche nicht ab, zum Fest für den Papst auch einen umstrittenen Rocker zu laden: Marko Perković von der Band Thompson, über den die Schweiz wegen Verherrlichung der Ustascha-Ideologie zeitweise ein Einreiseverbot verhängt hatte.

Zum Schlafen langweilig

Nicht nur das steife Zeremoniell bei den Treffen mit kirchlichen und politischen Mächtigen ließ bei dem zweitägigen Ausflug des Papstes kaum Freude sprießen. So wie sein Vorgänger konnte der ernste Gast die Kroaten kaum begeistern. Am Samstag hatten mehr Polizisten als Schaulustige die Route seines Konvois gesäumt. Sonntag labten sich Kroatiens Medien hämisch an den Bildern von Fußball-Nationalcoach Slaven Bilić beim Papstempfang im Nationaltheater: Während der Bayer Kroatiens kulturelle Verdienste pries, war Bilić schlichtweg eingeschlafen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.06.2011)

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