Lugner fragt bei einer Pressekonferenz, ob wir "in einer freien Marktwirtschaft oder einer Planwirtschaft leben".
Der Wiener Einkaufszentrumsbetreiber Richard Lugner geht in der Frage der Sonntagsöffnung weiter in die Offensive: "Die Frage ist: Leben wir in einer freien Marktwirtschaft oder leben wir in einer Planwirtschaft, wo ein Zentralkomitee festlegt, was man am Tag des Herren tun darf?", ärgerte er sich in einer Pressekonferenz am Mittwoch. Lugner hat zusammen mit neun weiteren Geschäftsleuten eine Verfassungsklage gegen die bestehenden Ladenöffnungs-Regelungen eingebracht.
Lugner verwies auf jene Geschäfte in Österreich, die am Sonntag offen halten dürfen - zum Beispiel Supermärkte an Bahnhöfen oder am Flughafen und in Tourismusregionen. In Tirol gebe es 170 und in Kärnten 90 Gemeinden, die im Sommer von Mai bis September und im Winter von Weihnachten bis Ostern aufsperren dürften: "Gibt es zweierlei Recht in Österreich?" Laut Verfassung seien alle Österreicher gleich, im Handel sei das aber nicht so.
Offen an sechs Sonntagen?
Er verwies auf Touristen, die am Sonntag aufgrund der bestehenden Regelung nicht einkaufen könnten sowie auf jene Wiener, die zum Sonntagseinkauf ins benachbarte Ausland fahren würden. Lugner will an sechs Sonntagen im Jahr offen halten. An welchen, sei aber noch nicht "ausgegoren", erklärte er heute.
Das Gutachten, auf Basis dessen die Klage beim Verfassungsgerichtshof eingebracht worden war, erstellte Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Dieser erläuterte seine Expertise heute an der Seite Lugners: Am Sonntag geschlossen zu halten, widerspreche dem Recht auf Erwerbsfreiheit. Der Gesetzgeber könne allerdings Einschränkungen in die Erwerbsfreiheit vornehmen, wenn es im öffentliches Interesse sei, erklärte der Jurist. Zudem dürfe die Beschränkung nicht intensiver sein als es zur Erreichung des öffentlichen Interesses vonnöten sei. Der Verfassungsgerichtshof müsse nun prüfen, ob es ein öffentliches Interesse gebe und ob die derzeitige Regelung verhältnismäßig sei. "Es gibt kein öffentliches Interesse an einer derart starren Regelung", befand jedenfalls Mayer selbst.
"Öffnung kein vereinzeltes Phänomen"
"Die Sonntagsarbeit ist kein vereinzeltes Phänomen", führte Mayer aus. Schließlich würde auch in Krankenhäusern, bei der Polizei, in der Gastronomie gearbeitet werden. "Je mehr Sonntagsarbeit wir in der Gesellschaft haben, desto schwieriger ist es, zu sagen, dass Handelsangestellte von der Sonntagsarbeit befreit sein müssen wegen öffentlichen Interesses", argumentierte er. Das Öffnungszeitengesetz sei ein Bundesgesetz. Die Bestimmungen können laut Mayer aber vom Landeshauptmann durch eine Verordnung ausgedehnt werden, wenn ein regionaler Bedarf bestehe.
Mayer zeigte sich über den Ausgang der Klage zuversichtlich: "Es gibt eine gute Chance." Allerdings müsse der Verfassungsgerichtshof eine Wertung treffen: "Was ist öffentliches Interesse?" Spätestens in der ersten Jahreshälfte 2012 soll es eine Entscheidung geben: "Wir gehen davon aus. Vielleicht geht es sich aber schon heuer aus", erklärte Christian Bachmann, der Rechtsanwalt der Beschwerdeeinbringung.
(APA)