Drei frühere Verdächtige warten auf Entschuldigung

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Jene drei jungen Leute, die im Mai 2010 im Zuge einer aufsehenerregenden Polizeiaktion in Niederösterreich als Verdächtige festgenommen wurden, leiden nach wie vor unter der Wucht der Ereignisse.

Korneuburg. Während die Staatsanwaltschaft Korneuburg im Fall Kührer weiter gegen Michael K. ermittelt, warten jene drei jungen Leute, die im Mai 2010 als Verdächtige für zwei Tage in Verwahrungshaft wanderten, auf eine Entschädigung bzw. eine offizielle Entschuldigung durch die Polizei.

Das Trio war nach einem spektakulären Einsatz des Sonderkommandos Cobra in Niederösterreich festgenommen worden. Die drei wurden verdächtigt, mit dem Verschwinden von Julia Kührer zu tun zu haben. Die drei bestritten dies von Anfang an, mittlerweile ist das Strafverfahren eingestellt.

Damit ist die Sache aber noch nicht erledigt. Johannes Öhlböck, den Anwalt des einstigen Verdächtigen Martin H. (27), spricht von einem „Skandal“. Denn: „Es ist keine Schande, dass man einen Falschen erwischt. Das muss ein Rechtsstaat aushalten. Es ist aber sehr wohl eine Schande, wie man sich nachher verhalten hat. Man hat den Schaden nicht abgedeckt.“

H. habe von der Republik nur 957 Euro ausbezahlt bekommen. Zwischen 10.000 und 12.000 Euro seien geltend gemacht worden. Nun möchte Öhlböck ein Amtshaftungsverfahren gegen die Republik anstrengen. Auf diesem Weg soll der Schaden, der seinem Schützling durch die Polizeiaktion erwachsen ist, gutgemacht werden. Abgesehen von der eingetretenen Rufschädigung (H. ist aus seiner Ortschaft Thunau am Kamp weggezogen) war innerhalb der Wohnung von H. auf dessen Hund geschossen worden. Das Tier starb. Projektile waren aber auch in die Heizkörper eingedrungen.

Polizeiaktion war „rechtswidrig“

Das Oberlandesgericht Wien hatte danach bestimmte behördliche Beschlüsse, Telefonüberwachung, Festnahme und Hausdurchsuchung, als rechtswidrig eingestuft. Für Gesprächsstoff hatte damals vor allem die Tötung des Hundes gesorgt: 17 Schüsse, abgegeben von drei Beamten mit drei verschiedenen Waffen, nämlich mit einer großkalibrigen Pumpgun, mit einem Sturmgewehr und mit einer Glock-Pistole hatten das Tier regelrecht durchsiebt.

Die damals ebenfalls festgenommene Tamara K. (28) und ihr Bruder Martin (22) warten indessen noch immer auf eine Entschuldigung. Vorigen Freitag, als die Polizei eine aktuelle Pressekonferenz in Pulkau (Niederösterreich) gab, waren die beiden Geschwister anwesend. Tamara K. meinte lautstark in Richtung Podium: „Sie haben mein Leben zerstört.“ Anwalt Marcus Januschke, der den Bruder der Frau vertrat, erinnert daran: „Mein Mandant war der falsche Verdächtige, das ist ein Faktum.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2011)

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