Uni Salzburg: Erstmals mehr deutsche Bewerber als Österreicher

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

In beschränkten Studien drohen Engpässe für heimische Maturanten. Die SPÖ-Front gegen Zugangsbeschränkungen bröckelt. Der Grund für den Anstieg liegt in den doppelten Abiturjahrgängen nach einer Bildungsreform.

Salzburg/Wien. Dass es im Herbst so weit sein würde, war allen klar – allein, wie viele es sein würden, traute sich bis vor Kurzem kaum jemand zu prognostizieren. Seit Donnerstag liegen nun an den besonders stark betroffenen Unis erste Zahlen zum befürchteten Ansturm deutscher Studienwerber vor. Und diese sind selbst für Pessimisten überraschend hoch: Erstmals haben sich an der grenznahen Uni Salzburg mehr Deutsche als Österreicher vorangemeldet. Rund 43 Prozent der 1566 Angemeldeten (Stand 1. August, die Frist läuft noch bis Ende des Monats) stammen aus Deutschland; 39 Prozent haben ein österreichisches Maturazeugnis. Zum Vergleich: Im Jahr 2010 waren 27 Prozent der Erstsemestrigen Deutsche.

Ähnlich die Lage in Tirol: An der Uni Innsbruck hält sich die Zahl der deutschen und der österreichischen Bewerber etwa die Waage, wie es auf „Presse“-Anfrage heißt: Mit Stichtag 26. Juli gab es 3295 externe Voranmeldungen – davon rund 43,6 Prozent mit österreichischem Wohnsitz, rund 40,2 Prozent mit deutschem und rund 10,9 Prozent mit italienischem Wohnsitz (vermutlich vorwiegend Südtiroler). Unter den „klassischen Erstsemestrigen“ dürften die Österreicher in diesem Herbst in der Minderheit sein.

Der Grund für den Anstieg liegt in den doppelten Abiturjahrgängen nach einer Bildungsreform im nahen Bayern sowie in der Aussetzung der Wehrpflicht. Schon bisher war Salzburg die wissenschaftliche Universität mit dem höchsten Deutschenanteil. Die Zahl der Bewerber dürfte bis Ende August noch stark ansteigen. Im Vorjahr lag sie in Salzburg bei 2800 Personen, diesmal rechne man mit mehr als 3000 Erstsemestrigen, sagt Vizerektor Rudolf Mosler zur „Presse“. Die Herkunft der Studenten sei „nicht das Problem. Wohl aber die steigende Zahl“, sagt er. In den (nicht beschränkten) Fächern Pädagogik und Biologie, aber auch in Politikwissenschaft und in Sprachen drohen Engpässe. Das Geld für die in Biologie nötigen zusätzlichen Labors gibt es nicht. Mosler fordert Entscheidungen von der Politik: „Wir nehmen gern mehr Studierende. Aber dann muss der Staat das finanzieren. Kann er das nicht, brauchen wir Beschränkungen.“

Besonders problematisch wirkt sich der Ansturm der deutschen Studenten auf jene Studienrichtungen aus, in denen es Platzbeschränkungen gibt – etwa die Psychologie. Hier stehen ab Herbst in Salzburg 200 Studienplätze zur Verfügung. Die Chancen auf einen Studienplatz sind für Österreicher (zumindest rein rechnerisch) gering. Der Anteil der deutschen Bewerber stieg auf 77 Prozent. Eine Quotenregelung (wie in Medizin), die einen Teil der Plätze für Inländer reserviert, gibt es nicht. Da die Deutschen bei Aufnahmetests „tendenziell eher besser abschneiden“, rechnet Vizerektor Mosler mit nur rund 40 heimischen Erstsemestrigen im Psychologiestudium. Mittelfristig könne das „zum Problem werden“.

Zugang: Auch Rudas gegen „Massen-Uni“

Im Streit um einen beschränkten Uni-Zugang kommen aus der SPÖ derweil ungewohnte Töne: Nachdem die Salzburger Landeschefin Gabi Burgstaller den freien Uni-Zugang im „Presse“-Gespräch als „Illusion“ bezeichnete, spricht sich jetzt auch die SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas für eine stärkere Steuerung aus: „Es soll nicht jeder alles studieren können“, sagt sie der „Presse“. Zwar sei sie gegen Knock-out-Prüfungen, aber die neue Studieneingangsphase sei ein gutes Instrument. Jeder Student solle seine Stärken und Schwächen finden. „Wovon ich nichts halte, ist, wissenshungrige junge Menschen vom Studium fernzuhalten.“ Aber man müsse sich auch fragen, in welchen Bereichen man Absolventen brauche und wer in welchem Bereich talentiert sei.

Rote Jugendorganisationen laufen dagegen Sturm: Zugangsbeschränkungen seien das Gegenteil von sozialer Gerechtigkeit, beklagen etwa die SPÖ-Studentenvertreter des VSStÖ. Lob für Burgstallers „klare Worte“ kommt aus der ÖVP. Dort weiß man: Bei der Frage nach Studiengebühren wird die SPÖ kaum nachgeben. Bei der Platzbeschränkung wittert man nun eine Chance.

Auf einen Blick

An den grenznahen Unis in Salzburg und Innsbruck steigt die Zahl der deutschen Bewerber. An der Uni Salzburg liegt ihr Anteil bei 43 Prozent, jener der Österreicher bei nur 39 Prozent. An der Uni Innsbruck sind rund 44 Prozent der Bewerber aus dem Inland, 40 Prozent stammen aus Deutschland. Auch die WU Wien rechnet mit steigendem Interesse. Bei Bachelorstudien dürfte sich die Zahl der Deutschen verdoppeln.

Die Voranmeldung zum Studium ist erstmals verpflichtend. Für die meisten Fächer läuft die Frist bis Ende August. Für Psychologie und Publizistik endet die Frist, heute, Freitag. Im September finden Aufnahmetests statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Der „Ansturm“ – eine Chance

Mehr Deutsche denn je studieren in Österreich – das muss man nicht unbedingt als Problem sehen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.