Mayer-Prozess: "Katzenfutter" als Doping-Codewort

Mayer und seine Anwaeltin
Mayer und seine Anwaeltin(c) APA/HELMUT FOHRINGER (Helmut Fohringer)
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Der Ex-ÖSV-Trainer sieht sich als Opfer eines "blutrauschartigen" Anti-Doping-Kampfes. Sein Fazit: "Es muss freigesprochen werden." Doch Mayer wird gleich zu Beginn schwer belastet.

Unter regem Medieninteresse hat am Montag im Wiener Straflandesgericht der Doping-Prozess gegen Walter Mayer begonnen, der von 1999 bis 2006 führende Betreuer-Positionen im Langlauf und Biathlon im Österreichischen Skiverband (ÖSV) innehatte. Der 54-Jährige soll laut Anklage zentrale Figur eines regelrechten Doping-Netzwerks gewesen sein und von 2005 bis 2008 Spitzenvertreter des österreichischen Langlauf- und Biathlonsports mit illegalen Präparaten versorgt haben.

Mayer bekannte sich "nicht schuldig" und erklärte den anwesenden Journalisten in mehreren Interviews vor dem Verhandlungssaal, er werde in einem vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) gleichermaßen "mediengerecht" wie "blutrauschartig" betriebenen Anti-Doping-Kampf "in die Ecke des Sündenbocks gedrängt".

Mayer: "Ich bin nicht verantwortlich"

"Ich bin nicht für Doping in Österreich verantwortlich", betonte Mayer. Er habe Höchstleistungssportler betreut, sich dabei möglicherweise in einem Graubereich bewegt, aber nichts Verbotenes gemacht. "Der bekannte Satz von Schröcksnadel (ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, Anm.), dass Österreich 'a too small country for good doping' ist, stimmt sicher", betonte Mayer. Er habe bei Sportlern lediglich "medizinische Indikationen" veranlasst, "die sehr wohl erlaubt sind und genehmigt wurden".

Mayer verwies den Journalisten gegenüber darauf, kein einziger der früher von ihm betreuten Sportler sei je des Dopings überführt worden. "Auch ich bin nie wegen Dopings gesperrt, sondern wegen alternativmedizinischer Maßnahmen von zwei Olympischen Spielen ausgeschlossen worden. Ich kann beim nächsten Olympia wieder dabei sein", behauptete der 54-Jährige. Sein Fazit: "Es muss freigesprochen werden. Ich habe das zu 100 Prozent nicht gemacht. Deswegen rechne ich zu 100 Prozent mit einem Freispruch."

Mitangeklagter belastet Mayer schwer

Doch ein Mitangeklagter belastete Mayer gleich einmal schwer: Ein Dachdecker, der 2003 aus einer mehrjährigen Haftstrafe entlassen worden war, gab zu Protokoll, er sei eines Tages von Mayer darauf angesprochen worden, ob er Doping-Mittel besorgen könne. "Ich war verwundert, dass der Walter Mayer etwas bei mir bestellen muss. Aber er war wahrscheinlich zu bekannt mit seinem Namen", sagte Karl Heinz R. (42).

Er habe sich nicht zuletzt deshalb auf die Geschäfte mit Mayer eingelassen, weil dieser ein "Idol" für ihn gewesen sei: "Es war mehr ein Freundschaftsdienst. Ich war stolz darauf, dass ich es habe besorgen können."

Die erbetenen Präparate - Wachstumshormone, EPO, später auch Dynepo - habe er ab Dezember 2005 einem Wiener Apotheker abgekauft, der in der Bodybuilder- bzw. Fitness-Szene als "Quelle" für illegale Substanzen bekannt war. Die Übergaben an Mayer hätten an einer Autobahn-Raststätte bzw. bei ihm zu Hause stattgefunden, sagte R. Zur letzten wäre es Ende Oktober 2008 - und damit noch über zwei Monate nach Inkrafttreten des Anti-Doping-Gesetzes - in Klagenfurt gekommen, wobei damals unter anderem zwei Packungen Dynepo den Besitzer wechselten.

Die Mittel habe er "vorfinanziert", sagte Karl Heinz R. Mayer habe offenbar finanzielle Engpässe gehabt, er habe dem Geld "nachlaufen müssen": "Meine Ex-Freundin hat schon gesagt, dass ich einen Vogel hab', weil ich dass gemacht habe".

Mayer habe ihm die Wirkung der Doping-Mittel bei Sportlern beschrieben, aber keine konkreten Namen genannt, gab der Dachdecker an. Mayer habe ihn auch ersucht, zusätzlich zum EPO Vitaminpräparate zu beschaffen: "Ich hab' gar nicht gewusst, dass diese Zusatzpakete für EPO notwendig sind."

Bei den im Strafantrag als angebliche Endabnehmer angeführten Namen - der unter Blutdoping-Verdacht geratene Langlauf-Olympiasieger Christian Hoffmann, Langlauf-Ex-Vizeweltmeister Alois Stadlober, Ex-Biathlon-Vizeweltmeister Ludwig Gredler und die nach der sogenannten Blutbeutel-Affäre bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) ausgeschlossenen Langläufer Jürgen Pinter und Roland Diethart sowie der vormalige Biathlet Wolfgang Perner - habe es sich um "eine Vermutung von mir" gehandelt, da er speziell vor den Olympischen Spielen 2006 Mayer verstärkt mit EPO versorgt habe, meinte R.

EPO = Katzenfutter

Wann immer Karl Heinz R. mit Walter Mayer telefonierte und sich über Katzenfutter unterhielt, ging es in Wahrheit um EPO. Das behauptete der Dachdecker im Rahmen seiner Beschuldigteneinvernahme. "Der Mayer hat Angst gehabt, dass er abgehört wird. Also war Katzenfutter das Codewort", sagte der 42-Jährige, der sich vor allem daran stieß, dass sich der frühere ÖSV-Betreuer zu den Vorwürfen der Anklage "nicht schuldig" bekannt hatte.

"Es ist echt traurig, dass er nicht die Eier hat, dazu zu stehen, das zu sagen, was er gemacht hat. Wir können nicht alle lügen. Das muss in seinen Kopf rein. Stattdessen kommt er mit den abenteuerlichsten Geschichten. Wenn er ein bisserl ein Mann wäre, würde er dazu stehen. Ich hab nichts gegen den Mayer. Aber ich lüge nicht", erklärte R.

Der Mitangeklagte gab zu verstehen, dass er - selbst wenn er Namen wüsste - die Endabnehmer und Verbraucher der von ihm besorgten Substanzen nicht nennen würde, da er "niemanden beschmutzen" wolle: "Ich will keinen Sportler anpatzen."

An den Geschäften mit Mayer habe er "ein bisserl was" verdient. Dynepo will der 42-Jährige etwa um 350 Euro pro Packung verkauft haben: "Reich geworden bin ich damit nicht."

Am meisten schaute für den Dachdecker seinen Angaben zufolge in einem anklagegegenständlichen Fall heraus, als er einer langjährigen Freundin Mayers verbotene Präparate verkaufte, weil diese Senioren-Weltmeisterin im Langlauf werden wollte. Walter Mayer soll für die Frau laut Anklage einen Doping-Plan erstellt, ihre Blutwerte überwacht und sie umfassend betreut haben - mit Erfolg. Die ehrgeizige Hobbysportlerin wurde 2009 tatsächlich Weltmeisterin.

Weil auch ihr Ehemann in das Dopen verwickelt gewesen sein soll, muss sich dieser nun ebenso neben Mayer vor Gericht verantworten wie eine Diplomkrankenschwester, die der Sportlerin teilweise die Mittel verabreicht haben soll.

Karl Heinz R. bestritt in diesem Zusammenhang, er sei der Sportlerin gegenüber als Arzt aufgetreten. Als ihm vorgehalten wurde, er habe bei den Geschäften mit der Langläuferin 7000 Euro verdient, reagierte er heftig: "Das waren 700! Höchstens 800. Wenn ich 7000 Euro gemacht hätte, hätte ich nicht aufgehört damit."

Apotheker bekennt sich schuldig

Ausgangspunkt für die inkriminierten Doping-Geschäfte rund um Walter Mayer - Staatsanwältin Nina Weinberger sprach in ihrem Plädoyer von einem "schönen Beispiel für eine Doping-Vertriebsschiene" - war ein 52-jähriger, nun ebenfalls zur Anklage gebrachter Wiener Apotheker. Dieser bekannte sich schuldig, 2006 und 2007 an Karl Heinz R., den mittlerweile abgeurteilten Ex-Radsportler Christoph K. und einen weiteren Hobby-Sportler verbotene Mittel verkauft zu haben.

Er habe nicht gewusst, dass die Präparate über R. bei Walter Mayer landeten, insistierte der Apotheker: "Wie ich erfahren habe, wohin dieses Zeug geht, hat er von mir nichts mehr bekommen. Das ist in Bahnen gegangen, mit denen ich nichts zu tun haben wollte."

Laut Staatsanwältin Weinberger soll Mayer bereits 2003 das Wiener Unternehmen Humanplasma aufgefordert haben, in Österreich das damals noch nicht verbotene Blutdoping durchzuführen. "Er ist an die Verantwortlichen herangetreten und hat an ihren Nationalstolz und ihren Patriotismus appelliert", so die Anklägerin in ihrem Eröffnungsplädoyer. In weiterer Folge sei Mayer mit Sportlern zu den Räumlichkeiten der Humanplasma gegangen und habe "Termine ausgemacht". "Er hat bereits 2003 zumindest sportrechtlich verbotene Methoden nach Österreich gebracht", bekräftigte Weinberger.

Als Blutdoping strafrechtlich verboten wurde, übernahm der damalige Sportmanager Stefan Matschiner teilweise Geräte der Humanplasma und zumindest teilweise auch deren Kunden. Matschiner ist mittlerweile rechtskräftig nach dem Anti-Doping-Gesetz zu einer teilbedingten Haftstrafe abgeurteilt worden.

Der Prozess gegen Walter Mayer wird morgen, Mittwoch, fortgesetzt. Der 54-Jährige, der in dem Verfahren bisher nicht zu Wort gekommen ist, erhält dann ausführlich Gelegenheit, zu den wider ihn erhobenen Anschuldigungen Stellung zu beziehen, die er allesamt von sich weist.

(APA)

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