Rick Perry: Kandidat mit Hilfe Gottes

Rick Perry Kandidat Hilfe
Rick Perry Kandidat Hilfe(c) AP (David J. Phillip)
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Texas-Gouverneur Rick Perry wirbelt republikanisches Kandidatenfeld durcheinander. Er wird zum Herausforderer für den Favoriten Mitt Romney.

Des moines. 30.000 evangelikale Christen waren Zeugen, als Rick Perry am vergangenen Wochenende höchst publikumswirksam um Beistand für die krisengeschüttelte Nation und für sich selbst flehte. „Vater, Amerika bricht uns das Herz“, hob der texanische Gouverneur an. „Wir sehen Zwietracht im eigenen Land, wir sehen Angst auf den Finanzmärkten und Frust in der Politik. Wir haben vergessen, wer uns geschaffen hat, wer uns schützt und segnet.“ Bei einem von ihm initiierten Massengebet in der Sportarena von Houston, bei dem er auch kontroversielle Prediger um sich geschart hatte, bat er darob um Vergebung.

Hat sich da einer, bemäntelt von Demut, zum neuen Politmessias proklamiert? Wie ein Phantom schwebte Perry in der Nacht auf Freitag über der TV-Debatte der republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Seinen Kontrahenten entlockte er vorerst höfliche Kommentare. Das dürfte sich rasch ändern. Perry hat nichts anderes im Sinn als einen spektakulären Coup. Er schickt sich an, ihnen allesamt die Show zu stehlen.

Überstrahlte Testwahl

Just an jenem Wochenende, an dem die republikanischen Bewerber bei der „Straw Poll“ in Ames, einer traditionellen Testwahl in Iowa, im nationalen Rampenlicht stehen, wird der 61-Jährige in South Carolina seine eigene Kandidatur ankündigen. So besagt es zumindest ein Gerücht, das sich im Laufe der Woche zur Gewissheit in den politischen Zirkeln verdichtet hat. Als wolle er seine Intentionen bestätigen, wird er sich unmittelbar danach nach New Hampshire und Iowa begeben, dem primären Aufmarschgebiet der Präsidentschaftsanwärter. Dass er am Sonntag obendrein in Waterloo auftreten wird, dem Geburtsort Michele Bachmanns, gilt als deklarierte Kampfansage an die etablierten Kandidaten.

Mit einem Schlag wirbelt Perry das republikanische Bewerberfeld durcheinander, gleichsam aus dem Stand avanciert er zum Herausforderer für den ungeliebten Favoriten Mitt Romney. Ex-Bush-Berater Mark McKinnon ätzte: „Er steckt Romney in die Mikrowelle und stellt sie auf den Höchstgrad.“

Lange hat das Establishment der Grand Old Party Gouverneure wie Chris Christie oder Mitch Daniels oder Honoratioren wie Jeb Bush vergeblich bekniet, ins Präsidentschaftsrennen zu gehen. Monatelang wog Rick Perry das Für und Wider ab. Bestärkt durch einflussreiche Hintermänner, Mäzene und eine Rückenoperation, bei dem ihm Stammzellen eingesetzt worden sind, nimmt der Texas-Gouverneur das Wagnis auf sich.

Die Tea-Party-Bewegung ist enthusiasmiert: Perry ist einer der fiskal-konservativen Galionsfiguren. Texanische Metropolen wie Dallas, Austin und Houston haben sich dank niedriger Steuern und niedriger Löhne – insbesondere für hispanische Immigranten – zum Wirtschaftsdorado entwickelt, zur raren Boomregion. Das „Jobwunder“ ist sein größter Trumpf.

Doch Perry findet nicht ungeteilte Zustimmung. In puncto Immigration nimmt er eine pragmatisch-moderate Position ein. Als er sich nicht explizit gegen die Homosexuellenehe aussprach, weil dies in die Hoheit des Bundesstaats fällt, rümpften viele Konservative die Nase, denen der politische Konvertit suspekt ist. Der Pfadfinderführer und Air-Force-Pilot startete seine Politkarriere als Demokrat, ehe er 1989 die Seiten wechselte und es zum Stellvertreter und Nachfolger George W. Bushs als Gouverneur brachte. Mit dem Bush-Clan steht er nicht auf bestem Fuß. Maliziös charakterisierte ihn ein Parteifreund jüngst als „Bush ohne Hirn“. An der Uni stach er eingestandenermaßen nicht durch Brillanz hervor.

Palin will mitmischen

Vielerorts herrscht Skepsis: „Wollen wir wirklich wieder einen konservativen Gouverneur aus Texas zum Präsidenten?“ Dass Perry zudem mit der Idee einer Abspaltung von Texas kokettiert hatte, trug ihm keine neuen Freunde ein. Manche fühlen sich an den Ex-Senator und Hollywood-Akteur Fred Thompson erinnert, der 2007 vorab für Furore sorgte, dann aber in Iowa als Sternschnuppe verglühte.

Auch Sarah Palin ist nicht gewillt, die Bühne anderen zu überlassen. Am Samstag hat sie sich in Iowa angesagt, was die Gerüchteküche prompt anheizte.

Auf einen Blick

Rick Perry. Der republikanische Gouverneur von Texas, seit mehr als zehn Jahren im Amt, wird am Samstag in South Carolina seine Bewerbung als Präsidentschaftskandidat anmelden. Danach begibt sich der 61-Jährige nach New Hampshire und Iowa, die beiden wichtigen Vorwahlstaaten. Perry ist eine Galionsfigur der evangelikalen Christen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.08.2011)

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