Der Karikaturist, Regisseur, Schauspieler und Autor Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot, starb am Starnberger See an Altersschwäche. Das teilte der Diogenes Verlag am Dienstag mit.
Loriot, einer der größten deutschsprachigen Satiriker und Humoristen, ist tot. Vicco von Bülow, wie der vielseitige Künstler mit bürgerlichem Namen hieß, verstarb in der Nacht auf Dienstag im Alter von 87 Jahren in Ammerland am Starnberger See in Bayern. Er hinterlässt seine Ehefrau Romi, die er 1951 ehelichte, sowie zwei Töchter und zwei Enkelkinder.
Von Bülow sei zu Hause "sanft entschlafen", teilte die Sprecherin des Verlags Diogenes, Ruth Geiger, mit. Seine Familie hatte den Schweizer Verlag gebeten, die Öffentlichkeit über den Tod des 87-Jährigen zu informieren.
"Die Trauerfeier findet im engsten Familienkreis statt", sagte die Verlagssprecherin. Der Termin für die Beerdigung wurde indes nicht genannt: "Die Familie möchte dies nicht."
Loriot begeisterte sowohl mit seinen legendären Fernsehbeiträgen als auch mit zwei Kinofilmen - "Ödipussi" (1987) und "Pappa ante Portas" (1990) - seine Zuschauer. Neben seiner Popularität in Film und Fernsehen war er auch für seine satirischen Zeichnungen und Texte bekannt. So erschienen von Vicco von Bülow in fast 60 Jahren 114 verschiedene Bände bei seinem Hausverlag Diogenes. Sie erreichten dabei eine Gesamtauflage von mehreren Millionen Exemplare.
Loriot: Französische Bezeichung für einen Pirol
Der am 12. November 1923 in Brandenburg an der Havel geborene Vicco von Bülow war von Haus aus Bildungsbürger und Spross einer Offiziersfamilie, der sich über seine eigene Gesellschaftsschicht lustig machen konnte.
Seine Karriere als Gebrauchsgrafiker startete er nach Notabitur und Kriegsdienst, bevor er ab 1950 in Zeitschriften Karikaturen - bereits unter dem Pseudonym Loriot - veröffentlichte. Loriot ist die französische Bezeichnung für das Wappentier der Bülows, den Pirol.
Legendäre Paar-Dialoge und Erwin Lindemann
Von Bülow hat legendäre Männer-Frauen-Dialoge geschrieben und den vielleicht bekanntesten Rentner und Lottomillionär der Fernsehgeschichte geschaffen - Erwin Lindemann (dargestellt von Heinz Meier), der seit 66 Jahren Rentner ist und mit seiner Tochter und dem Papst in Wuppertal eine Herrenboutique eröffnen will.
Weitere Loriotsche Höhepunkte der TV-Geschichte: Der Streit um das hartgekochte Frühstücksei mit dem Schlusssatz "Morgen bringe ich sie um", das sagenhafte Badewannen-Duell um eine Gummiente mit den beiden knollennasigen Akademikern Dr. Kloebner und Müller-Lüdenscheid. Auch Sprüche aus Loriot-Sketchen wie "Hildegard, warum sagen Sie denn nichts?", "Wo laufen sie denn?", "Früher war mehr Lametta" und das knappe und doch alles umfassende "Ach was!?" sind zu geflügelten Worten in der deutschen Umgangssprache geworden.
Erfolg mit Operninszenierung und "Ödipussi"
Erfolg hatte Vicco von Bülow auch mit seinen beiden Filmen "Ödipussi" und "Pappa ante Portas", bei denen er sowohl für Regie als auch Drehbuch verantwortlich war und die Hauptrolle spielte. Seine Kurzfassung von Richard Wagners Oper "Ring des Nibelungen" an einem Abend begeistert die Zuschauer immer wieder.
Der vielseitige Künstler zeigte sein Können als Zeichner, Texter, Schauspieler, Autor, Bühnenbildner, Dirigent, Fernseh-, Kino- und Opernregisseur. Für seine Werke erhielt er zahlreiche Auszeichnungen wie die Goldene Kamera, der Karl-Valentin-Orden und der Bayerische Filmpreis.
Kanzlerin Merkel: "Wunderbarer Mensch"
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte Vicco von Bülow alias Loriot am Dienstag: "Ich trauere um den großen Künstler und wunderbaren Menschen Vicco von Bülow, den wir als Loriot geliebt haben".
"Loriots einmalige Fähigkeit, uns liebevoll den Spiegel vorzuhalten, wird uns fehlen." Sein Werk wird Jung und Alt noch sehr lange zum Lachen bringen "und zu mancher Erkenntnis über das Wesen der Deutschen". Generationen von Menschen hat er mit seinen Sketchen, Zeichnungen, Texten und Filmen begeistert. "Mein ganzes Mitgefühl gilt in diesen Stunden Vicco von Bülows Familie", fügte Merkel hinzu.
Weitere Reaktionen auf Loriots Ableben
Christian Wulff (Deutschlands Bundespräsident): "Mit Vicco von Bülow verliert unser Land einen seiner bedeutendsten Humoristen und lebensklugen Beobachter menschlicher Schwächen. Wir haben durch Loriot lachen gelernt über die komplizierten und die allereinfachsten Schwierigkeiten des Lebens."
Otto Waalkes (deutscher Komiker): "Natürlich ist man sehr traurig, wenn man erfährt, dass ein guter väterlicher Freund und ein großes komisches Vorbild uns verlassen hat. Tröstlich ist nur, dass Loriot in seinen Werken weiterleben wird."
Michael "Bully" Herbig (deutscher Filmemacher): "Loriot war der Fred Astaire unter den Humoristen. Sein Humor bleibt unsterblich."
Der österreichische Karikaturist Gerhard Haderer würdigte Loriot als "eine große Zeichnerfigur". "Er hat mich schon als Kind beeinflusst", erklärte der oberösterreichische Zeichner, der Vicco von Bülow später als "echten Sir" kennengelernt hat. "Ich hab' ihn wirklich sehr geschätzt."
Der Schauspieler Heinz Meier, der Loriots legendären Lottogewinner Erwin Lindemann mimte, nannte Vicco von Bülow ein "Universal- und Jahrhundertgenie."
Loriot und von Bülow unter den Twitter-Trends
Auch im Internet hat das Ableben Loriots Niederschlag gefunden. Rund eine Stunde nach Bekanntwerden des Todes waren die Begriffe "Loriot" und "Vicco von Bülow" unter den Top 10 der Twitter-Trends weltweit.
Auch bei Amazon.de hatte die Todesnachricht erste Folgen: So stieg die DVD-Box "Vollständige Fernsehedition" mit Loriot-Sketchen von Platz 277 auf Platz 18 der DVD-Verkaufsstarts. Der ORF ändert in memoriam Loriot sein Programm und zeigt im Fernsehen am Sonntag Loriots Kinoerfolg "Ödipussi".
(APA)