Ein Knesset-Bericht übt scharfe Kritik an der Regierung von Premier Benjamin Netanyahu. Auf eine mögliche UNO-Mitgliedschaft Palästinas seien keine Vorkehrungen getroffen worden.
Je näher die Tagung der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York rückt, desto stärker plagen die israelische Führung Ängste vor einem nicht mehr abzuwehrenden diplomatischen Desaster. Auch wenn das zugesagte Veto der Vereinigten Staaten die von mehr als 130 Ländern gewünschte Aufnahme eines Staates Palästina in die UNO verhindern wird, befürchten israelische Politiker den Beginn eines "langfristigen antiisraelischen Prozesses", der die außenpolitische Handlungsfähigkeit des Landes gravierend einschränken wird, wie laut "Haaretz" aus einem unveröffentlichten Bericht des Außen- und Verteidigungsausschusses der Knesset hervorgeht.
Der von der Oppositionspartei Kadima gestellte Ausschuss-Vorsitzende, Ex-Verteidigungsminister Shaul Mofaz, hat der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu vorgeworfen, sich schlecht auf die Palästina-Initiative in der UNO vorbereitet zu haben. Die Regierung habe es versäumt, "Vorbeugungen zu treffen", wo dies möglich gewesen wäre, wurde Mofaz zitiert. Sie habe den Kopf in den Sand gesteckt und sei unfähig, die veränderte Nahost-Realität wahrzunehmen.
Mehrheit der UN-Staaten für Palästina-Mitgliedschaft
Mofaz geht davon aus, dass es möglich gewesen wäre, die palästinensische Führung zu "neutralisieren". Israel hätte dazu eine "politische Option" anbieten müssen, die es den USA erlaubt hätte, die Wiederaufnahme israelisch-palästinensischer Verhandlungen herbeizuführen. Was nun in New York über die Bühne gehen werde, erzeuge ein Eskalations-Risiko auf regionaler Ebene angesichts der allgemeinen Atmosphäre des Arabischen Frühlings und der palästinensischen Frustrationen. Dabei sei besonders zu berücksichtigen, welches Interesse der Iran und die libanesische Schiitenbewegung Hisbollah an einem Gewaltausbruch bei den Palästinensern haben würden.
Laut einem vertraulichen Bericht des israelischen UNO-Botschafters Ron Prosor dürften 130 bis 140 Staaten für die UNO-Mitgliedschaft Palästinas votieren. Die französische Regierung hat am Dienstag ihre Sonderbeauftragte für den Nahost-Friedensprozess, Valérie Hoffenberg, abberufen, nachdem diese sich in einer als "Privatmeinung" wiedergegebenen Äußerung gegen die Anerkennung eines souveränen palästinensischen Staates ausgesprochen hatte.
(Ag.)