Ministerpräsident Netanyahu verurteilt den Sturm auf die israelische Botschaft in Kairo. Bei den Krawallen wurden drei Ägypter getötet und mehr als 1000 verletzt.
Israels Regierung hat die massiven Krawalle gegen ihre Botschaft in Kairo als "schwerwiegenden Vorfall" verurteilt und zugleich Entspannungssignale an Ägypten gesandt. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte am Sonntag während der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem, Israel berate mit Ägypten über die Rückkehr seines Botschafters und der anderen Diplomaten nach Kairo. Die Ägypter, die sich in der Nacht auf Samstag an dem Sturm auf die Botschaft beteiligt hätten, lehnten das Friedensabkommen sowie den Staat Israel ab. Netanyahu betonte aber am Samstag im Fernsehen: "Israel wird weiter am Friedensabkommen mit Ägypten festhalten". Der Friedensvertrag beider Länder wurde 1979 geschlossen.
Ein Angriff auf den Frieden
Vize-Ministerpräsident und Geheimdienstminister Dan Meridor bezeichnete die Vorkommnisse im israelischen Rundfunk als "Angriff auf den Frieden zwischen Israel und Ägypten und die Stabilität in Nahost". Ungeachtet dessen sei es aber weiterhin im Interesse Israels und Ägyptens, am Friedensabkommen festzuhalten. Sollte der Frieden zwischen den Nachbarländern scheitern, hätte dies weitreichende Folgen für die Region. "Es ist zweifellos sowohl im Interesse Israels als auch Ägyptens, dass wir unseren Botschafter dorthin zurückschicken", sagte Meridor. Ägypten müsse jedoch für die Sicherheit der Diplomaten bürgen.
Die ägyptische Regierung kündigte am Samstag ein hartes Durchgreifen gegen Demonstranten und einen besseren Schutz diplomatischer Vertretungen an. Bei den Krawallen wurden drei Ägypter getötet und mehr als 1000 verletzt. Israelis kamen nicht zu Schaden.
Netanyahu dankte den ägyptischen Sicherheitskräften am Samstag für die Rettung israelischer Diplomaten und Sicherheitskräfte. Er verglich die politischen Umwälzungen in der arabischen Welt mit einem historischen Erdbeben. "Wir müssen ruhig und verantwortungsbewusst handeln", wandte sich Netanyahu in einer vom Fernsehen übertragenen Rede an seine Landsleute.
Außenministerium tief besorgt
Der ägyptische Informationsminister Osama Haikal sagte, die Behörden würden "alle Bestimmungen des Ausnahmezustandes anwenden". Der Ausnahmezustand gilt in Ägypten seit mehr als 30 Jahren. Unter anderem erlaubt er willkürliche Festnahmen und Schnellverfahren. Er wurde auch nach dem Sturz des Präsidenten Hosni Mubarak am 11. Februar nicht aufgehoben.
Während sich das US-Außenministerium tief besorgt äußerte, nahm die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton die ägyptischen Führung in die Pflicht. "Wir vertrauen darauf, dass dieser bedauerliche Vorfall ein einmaliges Ereignis war und dass die Behörden die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Situation zu normalisieren", sagte Ashton in einer am Samstagabend in Brüssel verbreiteten Erklärung.
Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle ermahnte Ägypten, die Gewalt zu stoppen. Wie das Auswärtige Amt am Sonntag mitteilte, telefonierte Westerwelle am Vorabend mit dem ägyptischen Außenminister Mohamed Kamel Amr und äußerte seine Sorge über die Vorgänge rund um die Botschaft.
Gerüchte über Regierungsrücktritt
In Kairo kursierten am Samstag Gerüchte über einen Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Essam Sharaf, der sein Kabinett für Samstag zu einer Krisensitzung einberufen hatte. Die Polizei wurde in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Sharaf steht einer Übergangsregierung vor. Die eigentliche Macht liegt seit dem Sturz des Regime-Mubarak beim Militärrat.
Seit Wochen ist es vor der israelischen Botschaft in Kairo immer wieder zu Protesten gekommen. Auslöser war der Tod von fünf ägyptischen Grenzpolizisten. Israelische Sicherheitskräfte hatten sie bei der Verfolgung mutmaßlicher palästinensischer Terroristen an der ägyptisch-israelischen Grenze vor drei Wochen erschossen. Erst nach erheblichem Drängen der ägyptischen Regierung äußerte Israel offiziell sein Bedauern.
Dutzende Diplomaten ausgeflogen
Die Demonstranten stürmten das Kairoer Bürohochhaus, in dem die diplomatische Vertretung Israels untergebracht ist. Sie steckten die israelische Fahne in Brand. Im Gebäude verschanzten sich sechs israelische Sicherheitsbeamte und Diplomaten. Sie hätten von einem ägyptischen Sonderkommando befreit werden müssen, berichtete ein ranghoher israelischer Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur dpa. Wie Stunden zuvor Botschafter Jitzschak Levanon und Dutzende Diplomaten und andere Israelis wurden die sechs mit einer israelischen Militärmaschine in die Heimat geflogen.
Israels Geheimdienstminister Meridor sagte, die Lage in Ägypten sei noch sehr instabil. "Es ist noch völlig offen, wie es ausgehen wird. Es begann mit westlichen Parolen, aber wird es mit einer islamistischen Herrschaft, einer Diktatur oder mit Demokratie enden? Dies werden die Wahlen im November entscheiden."
(APA/dpa/Reuters)