Haschisch und Fendrich: Wolfgang Ambros' Lebensbeichte

(c) APA (Oczeret Herbert)
  • Drucken

Kurz vor seinem 60.Geburtstag erscheint die Biografie von Wolfgang Ambros. Sie liest sich so, wie viele seiner Lieder klingen - raunzend aber ehrlich. Große Überraschungen bleiben freilich aus.

Die Ghostwriter haben gute Arbeit geleistet. Schon vom Tonfall her ist die Autobiografie von Wolfgang Ambros unverkennbar er. Es ist jene Mischung aus fast schon naiv ehrlichem Losplaudern und raunzender Wurschtigkeit, wie sie auch aus seinem musikalischen Werk – zumindest der ersten Jahre – immer wieder herauszuhören ist. Auch inhaltlich geht das Buch, das am Donnerstagabend beim Pfarrwirt in Grinzing vorgestellt wurde, nicht über den Horizont der klassischen Ambros-Nummern hinaus. Und das in einem ähnlich jovialen Stil wie auf einem Konzert.

Große Überraschungen bleiben freilich aus. Schließlich hat Ambros viele prägende Erlebnisse ohnehin schon in Liedtexten verarbeitet. Von der „ersten großen Liebe“ – immerhin erfährt man im Buch, dass sie Evi hieß – über seine schlechten Erfahrungen beim Bundesheer („Tagwache“) bis zu seiner Vorliebe für Marihuana („Du schwarzer Afghane“). Letzteres natürlich mit dem typisch wissenden Augenzwinkern – so lauten bei seinen sieben Regeln für den perfekten Joint die letzten beiden Punkte: „Es ist illegal. Also Hände weg“ und „Für mich gilt die Unschuldsvermutung“.

Tiefschürfende Erkenntnisse sind das alles nicht. Doch zumindest einen gewissen Unterhaltungswert hat die Lektüre – ähnlich jenem eines schunkelnd-spritzweinseligen Ambros-Konzerts auf der Donauinsel. Genau bei derartigen Events wird ja die aktuelle musikalische Bedeutung des Sängers deutlich, die sich längst auf das nostalgische Beschwören der großen Vergangenheit beschränkt. Auf immerhin rund 40 Jahre als Musiker, der in den 1970ern als Speerspitze der Dialektmusik quasi die Musikrichtung „Austropop“ begründete.

Gerade den Anfängen der Karriere widmet das Buch dann auch seine spannendsten Kapitel. Von der ersten Gitarre, den Jobs in Plattengeschäften– inklusive der Episode, als er bei „One Stop Records“ in London Mick Jagger eine Platte verkaufte – bis zur Begegnung mit Joesi Prokopetz, der die Texte zu einigen der wichtigsten Ambros-Nummern verfasste. Unter anderem auch für den „Hofa“, mit dem 1972 der Höhenflug von Ambros begann.

Es folgen der erste Plattenvertrag, die ersten Konzerte, das erste Geld, viele namenlose Frauen und laufend wechselnde Schlafgelegenheiten – Ambros schildert sein Musikerleben als austrofizierte Version von Sex and Drugs and Rock 'n' Roll.

Ein Tempo, das er naturgemäß nicht sein ganzes Leben durchhält – und seine Biografie dementsprechend auch nicht. Mit jedem Kapitel verfolgt der Leser, wie Ambros älter wird, sich seine Prioritäten verschieben. Und plötzlich ist er gar nicht mehr der junge Revoluzzer, sondern wird zum bürgerlichen Häuslbauer mit Familie, der nebenbei Urlaub in Kenia macht und seine eigene Diskothek eröffnet.

Dramen gibt es natürlich auch – einen Motorbootunfall, bei dem ein Mitfahrer stirbt. Einen Unfall beim Hantieren mit Feuer, nach dem er mehrere Hauttransplantationen über sich ergehen lassen muss – diese Episode ist ihm übrigens so wichtig, dass sie gleich am Beginn des Buches steht. („Es war kein Grillunfall. Weil Grillen kann ich nämlich wirklich gut.“ Er habe nur, emotional aufgewühlt, mit Benzin altes Holz abfackeln wollen.) Eine Krebserkrankung, die er überwindet. Und den Tod von Georg Danzer. „Mein bester Freund“ hat ihn Ambros genannt.

Gar nicht so eng war die Freundschaft mit Rainhard Fendrich, erfährt der Leser. Ja, am Anfang habe man sich gut verstanden. Doch später, so klingt es durch, sei er immer schwieriger geworden. Zuletzt machte Ambros das auch in einem Ö3-Interview deutlich, in dem er Fendrichs Kokainkonsum – und dessen Folgen – anprangerte. Auch wenn Ambros im Buch zugibt, dass er selbst einige Erfahrungen damit gemacht hat – wieder keine Überraschung, schließlich kommen Lieder wie „Weiß wie Schnee“ auch nicht von irgendwoher.

Wie auch immer: Fendrich ist beleidigt, die beiden früheren Freunde werden wohl nie mehr gemeinsam auf einer Bühne stehen. Doch nach der Lektüre der Biografie hat man ohnehin den Eindruck, dass das dem bald 60-jährigen Ambros vor allem eines sein dürfte: wurscht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Zwist zwischen Fendrich Ambros
Salon

Zwist zwischen Fendrich und Ambros

Wolfgang Ambros kritisierte seinen "Austria 3"-Kollegen scharf. Rainhard Fendrich ist "enttäuscht und traurig" – und unterstellt Ambros Kalkül.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.