Benedikt XVI. weigert sich, in Deutschland gehegte Erwartungen zu erfüllen.
Der Deutschland-Besuch des Papstes endet zwar erst am Sonntag. Aber schon heute lässt sich eine Bilanz ziehen: Benedikt XVI. hat Erwartungen (Annäherung in Richtung evangelischer Kirchen, Annäherung in Richtung reformwilliger Katholiken) in einer Weise nicht erfüllt, die erstaunlich ist. Teilweise ins Träumerische hochgeschraubte Hoffnungen haben ihn maximal beeindruckt, nicht aber unter Druck gesetzt. Der Papst ist keinen Millimeter von seiner Linie abgewichen.
Er mag mit seinen anspruchsvollen Predigten und Reden manche ent-täuscht haben. Nun wissen aber vielleicht auch die Letzten, woran sie bei ihm sind. Benedikt ist nicht (nur) ein starrköpfiger Lehrmeister. Sondern (auch) ein Mann, der nicht weniger als den Glauben in Gefahr sieht. Den Glauben, wie ihn die katholische Kirche vermittelt. Der die Kirche in Gefahr sieht, auch von Katholiken als x-beliebige Organisation betrachtet und ausschließlich an irdischen Maßstäben gemessen zu werden. Und ein Mann, der – in kaum einer seiner Wortmeldungen hat ein Bezug darauf gefehlt – die Würde des Menschen in Gefahr sieht. Steht für Benedikt XVI. tatsächlich Derartiges auf dem Spiel, muss anderes zu Kinkerlitzchen verkommen.
Gut möglich, dass der Papst angesichts der in den Größenverhältnissen manchmal verzerrt dargestellten Probleme innerhalb seiner Kirche aber auch mit Rilke meint: Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles.
dietmar.neuwirth@diepresse.com
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.09.2011)