Außenminister Walid al-Muallem gibt dem Druck aus dem Ausland die Schuld, dass noch keine Reformen auf den Weg gebracht wurden. Muallem verbitte sich jegliche Einmischungen in die inneren Angelegenheiten.
New York/Wien/Ag. Während das syrische Regime weiter gewaltsam gegen Aufständische vorgeht, bestreitet Außenminister Walid al-Muallem jegliche Schuld der Regierung an der seit Monaten dauernden Krise im Land. Im Gegenteil: „Ausländische Mächte“ hätten die chaotischen Zustände zu verantworten, polterte der Chefdiplomat bei der UNO-Generalversammlung in New York.
Die Regierung wolle zwar Reformen, aber wegen des Drucks aus dem Ausland müssten diese, „so wichtig sie auch sind, auf die hinteren Plätze rücken“, sagte Muallem. Vorrangiges Ziel der Regierung sei es nun, „dem Druck von außen standzuhalten, der einer enormen Verschwörung gleichkommt“. Muallem stellte zudem klar, dass Damaskus sich jegliche Einmischungen in die inneren Angelegenheiten verbitte.
Als „bedauernswert“ bezeichnete der Außenminister, dass die „Aktivitäten der bewaffneten Gruppen stärker geworden sind“. Auch die Sanktionen, die der Westen als Reaktion auf die brutale Vorgehensweise des Regimes gegen Syrien beschlossen hatte, kritisierte Muallem auf das Schärfste: Die USA und die EU würden damit die „Interessen des syrischen Volkes und seine Bedürfnisse aufs Spiel“ setzen.
Auf seiner Reise zur UNO-Generalversammlung legte Muallem Ende vergangener Woche einen Zwischenstopp in Wien ein, wo er im Hotel Intercontinental übernachtete. Der Aufenthalt Muallems löste in der Nacht auf Freitag Proteste einiger Auslands-Syrer aus, die vor dem Hotel demonstrierten.
Artilleriefeuer auf Flüchtende
Auch in Syrien selbst reißen die Demonstrationen nicht ab. Am Dienstag stürmten Streitkräfte unter heftigem Artilleriebeschuss die auf dem Weg zur türkischen Grenze gelegene Ortschaft al-Rastan. Laut Angaben von Aktivisten wurden mindestens vier Menschen getötet und Dutzende festgenommen. Auch die Schnellstraße in Richtung Türkei, an der die Ortschaft liegt, wurde beschossen. Flüchtenden Syrern sollte mit der Operation der Weg in die Türkei abgeschnitten werden, hieß es.
Angesichts der dramatischen Entwicklungen warnte der in den Libanon geflüchtete Sprecher der „Koordination der lokalen Komitees“ (LCC) der Protestbewegung, Omar Idlebi, vor einem Bürgerkrieg im Land. Die Stimmen für eine „Militarisierung“ der Opposition mehrten sich, so Idlebi.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2011)