Staatsreform: "Fekter wäre von Gott dafür vorgesehen“

Staatsreform Fekter waere Gott
Staatsreform Fekter waere Gott(c) Presse Digital (Daniel Breuss)
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Wolfgang Bauer, Gründer der Bürgerinitiative "Verwaltungsreform jetzt“, im Interview mit DiePresse.com über "bornierte“ Landeshauptleute und sein Vertrauen in die Finanzministerin.

Die Presse.com: Seit Jahren fordern Experten eine Verwaltungsreform, bisher verhallt der Ruf aber ungehört. Warum glauben Sie, dass Ihre Initiative das bewirken kann, was Rechnungshof und Co nicht geschafft haben?

Wolfgang Bauer: Durch eine möglichst große Summe von Unterstützern soll die Politik merken, dass eine große Zahl von Wählern endlich eine seriöse Haushaltspolitik sehen will. Wir verschicken auch Massenmails an Regierungsmitglieder, damit sie sehen, dass viele Wähler das wollen. Denn derzeit geht ja die Politik davon aus, dass alle deppert sind.

Was war der Auslöser für Sie, die Initiative ins Leben zu rufen?

Schon seit mehreren Regierungen sehe ich einen Abstieg. Der Gipfel des Niedergangs ist Herr Faymann. Der endgültige Auslöser war dann, dass ich gesehen habe, dass die Bundesregierung vor zwei Jahren den Auftrag gegeben hat, einen Arbeitskreis Konsolidierung zu elf zentralen Punkten zu bilden. Ende vorigen Jahres hat Rechnungshofpräsident Moser gesagt, dass der Arbeitskreis schon sechs Punkte abgearbeitet hat, und die Politik endlich die entsprechenden Beschlüsse fassen müsse. Ich möchte mit der Initiative die Regierung dazu bringen, dass sie ihr eigenes Projekt ernst nimmt. Das einzige, was bei diesem Projekt noch fehlt, ist ein Termin und ein Betrag, der einzusparen ist. Den haben wir eingesetzt: 5 Milliarden Euro. Das ergibt sich praktisch zwangsläufig aus den Einsparungsvorschlägen von WIFO und Co. Im Jahr 2015 müssten diese 5 Milliarden Jahresersparnis erreicht sein, und im Jahr 2016 dürften keine neuen Schulden mehr gemacht werden. Es müsste dann sogar ein Überschuss von mindestens 1 Prozent gemacht werden, um die Schulden zurückzuzahlen.

Was sind inhaltlich Ihre Forderungen für die Reform?

Inhaltlich haben das die zuständigen Institutionen wie Rechnungshof und WIFO auszuarbeiten. Ich und meine Mitstreiter können sich nicht einbilden, ohne wirkliche Informationszugänge und ohne die Manpower, die diese Institutionen haben, bessere Vorschläge zu machen. Und die haben ja auch bereits Vorschläge geliefert, etwa den Bundesrat abzuschaffen, die Föderalismusfrage, die Frage der Frühpensionen, Spitalsreform etc. Von dem Klein-Klein-Sparen, das derzeit von der Regierung praktiziert wird, wird die notwendige Konsolidierung sicher nicht kommen.

Es muss verfassungsmäßig vorgeschrieben werden, dass es keine Defizite mehr geben darf, sondern immer einen kleinen Überschuss von mindestens 1 Prozent des BIP. Es muss fix sein, dass keine neuen Schulden mehr entstehen können, weil sich die Kinder und Ungeborenen nicht dagegen wehren können. Wenn man Steuern einführt, können die Belasteten sich wehren und auf die Straße gehen. Aber Schulden sind der gemeinste und hinterhältigste Weg, zu Geld zu kommen.

Der Föderalismus wird von Kritikern als Blockadeinstrument gesehen. Teilen Sie die Einschätzung?

Ich sehe den Föderalismus nicht als Blockadeinstrument, sondern er ist nur nicht gut organisiert. Man sieht ja an der Schweiz, die hoch föderalistisch ist und viel geringere Kosten hat, dass in Summe ein System, das auf zentral und dezentral optimierend ausgelegt ist, ausgezeichnet funktionieren kann. Ich kann mir z.B. auch nicht vorstellen, dass ein Bundesministerium für Unterricht wirklich kompetenter ist, die Dinge für Vorarlberg oder Tirol von Wien aus zu steuern. Man muss das im Einzelfall analysieren. Natürlich wird im Wesentlichen die Grundkompetenz für die Gesetzgebung beim Bund sein sollen. So etwas wie im Bauwesen, wo es neun verschiedene Bauordnungen gibt, halte ich für unsinnig.

»In Wien ist die „mir-san mir-Mentalität" zu Hause«

Wie sehen Sie die Rolle der Landeshauptleute - sind sie Blockierer einer Staatsreform?

Dass die Landeshauptleute in ihren Parteien eine so wichtige Rolle spielen, und sich kein Bundespolitiker traut, gegen sie aufzutreten, weil er sonst "gekillt" wird, ist sicher eine tödliche Sache für die Demokratie. Da kann man nur appellieren. Nach 40 Jahren Schuldenaufbau muss eigentlich der bornierteste Landeshauptmann darauf kommen, dass es so nicht weitergeht.

Wer ist denn der „bornierteste Landeshauptmann"?

Die zwei borniertesten sind in Wien und Niederösterreich. Wobei ich Wien bornierter sehen würde, denn in Niederösterreich hat man besseres Verständnis für die Standort- und Arbeitsplatzfrage und jetzt auch eine vernünftige Reform der Landesbediensteten-Entlohnung gemacht. So etwas sieht man in Wien nicht, da ist die „mir-san mir-Mentalität" vollkommen zu Hause. Aber in punkto innerparteiliche Machtausübung zur Einzementierung der eigenen Macht sind beide gleichauf.

»Ich erwarte mir von Fekter, dass sie diesen Schritt setzt.«


Setzten Sie Ihre Hoffnung überhaupt noch in diese Regierung, oder schon in die künftige? Die jetzige hat ja einem „großen Wurf" bereits eine Absage erteilt.

Ich setzte eigentlich auf die jetzige Regierung, vor allem auf Finanzministerin Fekter. Vom Bundeskanzler erwarte ich nichts in die Richtung, weil er sich schon dezidiert geäußert hat, dass das „eh nichts bringt". Somit bleibt die Frau Finanzministerin als ehemalige Wirtschaftstreibende und Wirtschaftsverständige, die von einer Partei kommt, die die Wirtschaftskompetenz vor sich herträgt und quasi im genetischen Code hat. Daher erwarte ich mir von Fekter, dass sie diesen Schritt setzt. Und zwar nicht „zizerlweise", sondern dass sie einmal eine Ansage macht in der Art: „Wir machen jetzt ein großes Projekt unter Führung des Finanzministeriums, wo wir bis 2015 fünf Milliarden Jahresersparnis zusammenbringen." Und zwar nicht, indem man armen Leuten Förderungen wegnimmt oder durch höhere Steuern, sondern durch Reformen im eigenen Bereich.


Sie trauen Fekter zu, so eine Reform durchzusetzen?

Eigentlich schon, weil sie die Persönlichkeit hat. Mir ist schon klar, sie wird bei der SPÖ nicht im ersten Ansatz durchkommen, aber es muss der Bevölkerung einmal klar gemacht werden, dass die Finanzministerin das will, und warum - weil es so nicht weitergeht, weil wir sonst ein griechisches Schicksal vor uns haben. Ich bin auch der Meinung, dass es selbst in der SPÖ gewisse Kräfte gibt, die verstehen, das wir das unseren Kindern und Nachfolgern nicht zumuten können.

Und wer sind diese Kräfte?

Das kann ich nicht sagen, die müssen irgendwo versteckt sein. Aber es muss welche geben. Es muss sogar in der Gewerkschaft solche Leute geben. Die müssen ja wissen, dass der Standort gefährdet wird durch die Regierung Faymann. Und wenn der Standort „kaputt" ist, wandert die Industrie ab, und dann kann man auch keine Sozialpolitik mehr machen. Da wird sozusagen an dem Ast der Bedürftigen gesägt.


Wie geht es mit Ihrer Initiative weiter, ist ein Volksbegehren geplant?

Wir haben die Möglichkeit eines Volksbegehrens immer im Auge, nur müsste man das auf eine breitere Basis bringen. Ohne bekannte Galionsfigur werde ich wahrscheinlich kein Volksbegehren machen. Ich bin im übrigen der Meinung, dass eine internetbasierte Initiative mit sehr vielen Unterstützern genauso Druck auf die Politik ausüben kann. Letztlich geht es darum, so weit zu kommen, dass sich gewisse Gruppen vor der Wählermacht fürchten, die dahinter steckt. Wenn z.B. die ÖVP mit dem genetischen Code der Wirtschaftspartei erkennt, dass sie Wähler verlieren könnte, wenn sie nicht eine vernünftige Haushaltspolitik macht, müsste sie doch merken: „Halt, das ist der falsche Weg".

Wir überlegen auch eine sogenannte parlamentarische Bürgerinitiative einzubringen. Das ist ein in der Verfassung formalisierter Weg, wie man mit 500 Unterschriften in den zuständigen Parlaments-Ausschuss kommt. Wir würden natürlich mehr Stimmen bringen.

Haben Sie auch schon daran gedacht, in die Politik zu gehen bzw. eine Partei zu gründen?

Manche Unterstützer meinen, dass eine Parteigründung der Weg wäre. Aber ich will es eigentlich nicht machen. Ich glaube, dass die jetzige Parteienlandschaft in der Lage sein müsste, den Reformbedarf zu erkennen. Es liegt nur an Personen. Wenn drei oder vier aktive Politiker aus verschiedenen Parteien einmal die Zeichen der Zeit erkennen würden und mit dem nötigen Charakter versehen sind, könnten sie das auch in ihren Parteien zusammenbringen. Ich glaube, das Problem ist, dass die Politiker fälschlicherweise glauben - auch aufgrund der Medienlandschaft -, dass die Leute nicht in der Lage sind, zu verstehen, dass man etwas tun muss.

Kanzler und Vizekanzler haben für Ende Oktober die Landeshauptleute zu Gesprächen über Reformen eingeladen. Erwarten Sie sich davon etwas?

Ich hoffe natürlich, aber erwarten ... kleine Einsparungsschritte gibt es immer, aber es geht ja um die großen Beträge. Natürlich muss man sich immer wieder zusammensetzen, aber es müsste zuerst einmal der Wille bekundet werden und das Verständnis da sein, dass man eine große Reform dem Wähler zumuten kann und muss. Frau Fekter wäre eigentlich sozusagen vom lieben Gott dafür vorgesehen.

Zur Person

Wolfgang Bauer, 64-jähriger Betriebswirt aus Wien, hat die Bürgerinitiative „Verwaltungsreform jetzt“ gegründet. Auf der Homepage der Initiative haben sich mit Stand 1. Oktober 11185 Unterstützer eingetragen. Die Initiative fordert, dass ab 2015 fünf Milliarden Euro jährlich eingespart werden sollen.

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