Wolfgang Langenbucher, Vorsitzender des PR-Ethikrats, wünscht sich "Regierungs mit einheitlichem Layout statt Ministerinserate". In den von der Koalition angekündigten Beirat setzen Werber geringe Hoffnungen.
Wien. Ja, es gibt Gespräche, zwischen den Parteien und mit dem Verfassungsdienst. Und, nein, keinen konkreten Zeithorizont. Das ist die dürre Antwort, wenn man sich nach dem angekündigten Inseratebeirat erkundigt.
Fragt man in der Werbe- und PR-Branche nach, wie man sich den Beirat vorstellen würde, fallen die Repliken hingegen umfangreich aus: unabhängige Experten, Einspruchsrecht, am besten eine Art Behörde wie in Großbritannien. Allerdings: Dass die Wünsche erfüllt und am Ende eine effektive Einrichtung steht, die konkrete Inserate auf Sinnhaftigkeit und Objektivität prüft, glaubt beim „Presse“-Rundruf keiner. „Die Debatte um den Beirat ist meiner Meinung nach nur der Versuch, abzulenken. Wenn man einfach nach professionellen PR-Regeln arbeiten würde, wäre so ein Beirat ja gar nicht nötig“, sagt Wolfgang Langenbucher, Vorsitzender des PR-Ethikrats. Eine dieser simplen Regeln hieße: „Jede staatliche Öffentlichkeitsarbeit muss durch eine Begründung legitimiert sein. Man müsste fragen: Erfährt der Bürger etwas, was er nicht ohnehin aus der Berichterstattung der Medien weiß.“ Stattdessen, kritisiert Langenbuchers Stellvertreterin und PR-Expertin Renate Skoff, würden die „inhaltsleeren“ Inserate „nur Personen profilieren, und zwar auf ungeschickte Weise“. Mariusz Jan Demner von der Werbeagentur Demner, Merlicek & Bergmann findet viele Inserate vor allem hässlich: „Das meiste sind unprofessionell gemachte wirkungslose Selbstbeweihräucherungen, die von den Menschen sofort als solches erkannt und überblättert werden.“
Ad-hoc-Jubelmeldungen
Dahinter steckt nicht nur ein ästhetisches Problem, sondern ein strukturelles: Bei den umstrittenen Inseraten, heißt es in der Branche, würden Minister gern rasch auf einen aktuellen Anlass reagieren wollen. Hier greife man dann nicht auf eine Agentur, sondern auf vertraute PR-Berater zurück. Diese würden – „quasi im Hinterzimmer“ – die Anzeigen kreieren, die oft in den Bereich der „Jubelmeldungen“ fielen. Ausschreibungen gebe es in diesen Fällen nie. Tatsächlich sind Vergabeverfahren erst für Kampagnen ab 100.000 Euro verpflichtend, für „hausgemachte“ Inserate der Ministerien oder Advertorials für ein konkretes Medium gibt es keine Vergaberegeln. Bei diesen „Ad-hoc-Inseraten“ würden auch oft Mediapläne fehlen, heißt es. Diese zeigen, in welchen Medien man am effektivsten inseriert. Wobei man aber auch Fälle kenne, in denen Ministerien Mediapläne von Agenturen auch schlicht ignoriert hätten – man wisse schon selbst, wo man inseriere.
Wenn ein Beirat installiert werde, dürften Quote und Auflage aber nicht das einzige Argument sein, sagt Langenbucher: Viel wichtiger sei, „dass demokratische Öffentlichkeitsarbeit demokratischen Prinzipien unterliegt“. Wichtige Botschaften müssten so inseriert werden, dass alle Bevölkerungsschichten erreicht würden. Prinzipiell wünscht sich Langenbucher Regierunginserate mit einheitlichem Layout statt Ministerinserate – „und ich bin strikt gegen Köpfe“.
Demner, dessen Agentur außer der EU-Beitrittskampagne auch eine Kampagne für das Regierungsprogramm vor zwei Jahren gemacht hat, sieht das anders: „Es geht nicht um Köpfe, sondern die Machart.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.10.2011)