Terror aus Teheran: Der lange Arm von Irans Killerkommandos

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Eine weiße Weste hat der Iran in Sachen Terror keineswegs, denn Anschläge waren in der Vergangenheit immer wieder Teil der iranischen Außenpolitik: vom Attentat im Libanon 1983 bis zu den Kurdenmorden in Wien.

Istanbul. „Ein kindliches Spiel“ nannte der Sprecher des iranischen Parlamentes, Ali Larijani, den Vorwurf, iranische Agenten hätten versucht, mexikanische Killer für einen Anschlag auf den Botschafter Saudiarabiens in den USA zu gewinnen. Was immer an dem gegenwärtigen Vorwurf dran sein mag, eine weiße Weste hat der Iran in Sachen Terror keineswegs. Als Ayatollah Khomeini 1979 vor den Augen der staunenden Welt das Schah-Regime stürzte, waren radikale Muslime auf der ganzen Welt wie elektrisiert. Ein später ausgestiegenes Mitglied der türkisch-kurdischen Hizbullah beschrieb die Stimmung von damals mit den Worten: „Wenn wir Flügel gehabt hätten, wären wir geflogen!“

Beflügelt wurden davon auch willige Attentäter: Etwa jene, die sich im Oktober 1983 mit hunderten amerikanischen und französischen Soldaten im Libanon in die Luft sprengten. In den radikalen Gruppen, insbesondere der libanesischen Hisbollah, fand der Iran ein williges Werkzeug für Anschläge in vielen Ländern. Daneben waren die Diplomaten und der Geheimdienst des Regimes aktiv. Regimegegner behaupten, dass in manchen Fällen die Attentäter vorher von einem regimetreuen Geistlichen eine Fatwa, ein islamisches Rechtsgutachten, erhalten, das sie moralisch zu der Tat berechtigt.

Spezialabteilung für Attentate

Anfang der Neunzigerjahre wurde dann die Qods-Brigade als Unterabteilung der Revolutionswächter, der Pasdaran, aufgestellt. Benannt ist die Brigade nach der persischen Form des arabischen Namens von Jerusalem, al-quds, „die Heilige“. Eine Spezialabteilung der geschätzt 5000 Mann starken Brigade soll für Terror im Ausland zuständig sein. Ihr Hauptquartier hat sie sinnigerweise in der ehemaligen US-Botschaft in Teheran. Der schlimmste Anschlag, der der Qods-Brigade zur Last gelegt wurde, war ein Bombenanschlag auf das jüdische Kulturzentrum in Buenos Aires 1994 mit 85 Toten. Zwölf Jahre später führte dies zu einer Anklage gegen den ehemaligen iranischen Präsidenten Hashemi Rafsanjani durch ein argentinisches Gericht.

Mord an Kurdenführer in Wien

Auch in Europa war der Arm des iranischen Terrors zu spüren. Am 13.Juli 1989 erschossen als Unterhändler getarnte Mörder den Vorsitzenden der Demokratischen Partei Kurdistans im Iran, Abdul Rahman Ghassemlou, und zwei Begleiter in Wien. Die mutmaßlichen Mörder flohen in die iranische Botschaft und konnten wenig später ausreisen.

Drei Jahre später wurde Ghassemlous Nachfolger, Sadegh Scharafkandi, mit drei Begleitern im Berliner Lokal Mykonos erschossen. Nicht anders als die österreichischen Behörden waren auch die deutsche Bundesregierung und die Generalbundesanwaltschaft zunächst nicht allzu sehr an den Hintergründen interessiert. Doch ein Berliner Kammergericht klärte beharrlich auf. Die Folge war ein Haftbefehl gegen den Chef des iranischen Geheimdienstes, Ali Fallahian. Darauf folgte eine diplomatische Krise, doch offenbar trug die Affäre Mykonos mit dazu bei, dass der Iran den Kurs änderte. Attentate in Europa unterblieben nun. Bei relativ niedrigem Ölpreis hoffte man auch auf ausländische Investitionen. Der Reformpräsident Mohammed Khatami sagte zu, dass der Iran die Todes-Fatwa gegen den britisch-indischen Schriftsteller Salman Rushdie nicht mehr vollstrecken werde.

Sanktionen und schlechte Wirtschaftslage

Wenn der Iran nun wieder zu terroristischen Mitteln greift, dann weil sich die Herrscher in Teheran bedroht fühlen. Saudiarabien und die Türkei haben den wichtigsten Verbündeten des Iran in der Region, den syrischen Präsidenten Bashir al-Assad, aufgegeben und schlagen sich auf die Seite der Opposition. In Teheran wittert man eine Verschwörung der beiden sunnitischen Regionalmächte gegen den schiitischen Iran.

Nach anderen Seiten sieht es ebenfalls nicht gut aus. Der Abzug der Amerikaner aus Afghanistan ist kaum ein Gewinn, denn er bringt dort wahrscheinlich die sunnitischen Taliban an die Macht, die ebenfalls mit dem Iran verfeindet sind. Im Innern sind die Proteste der Grünen Bewegung zwar niedergeschlagen, dafür gibt es heftige Auseinandersetzungen bei den Konservativen, wo sich die Lager um den religiösen Führer Ali Khamenei und den Präsidenten Mahmoud Ahmadinejad bekämpfen. Hinzu kommt die durch die Sanktionen verschärfte schlechte Wirtschaftslage. Indes sieht sich auch der Iran selbst als Opfer terroristischer Anschläge. In den vergangenen beiden Jahren wurden drei iranische Physiker, von denen zumindest zwei im Atomsektor arbeiteten, Opfer von Anschlägen. Teheran beschuldigt die USA und Israel, hinter den Attentaten zu stecken.

Auf einen Blick

Das iranische Regime wird für eine Reihe von Attentaten im Ausland verantwortlich gemacht. Im Oktober 1983 starben mehrere hundert amerikanische und französische Soldaten bei einem Anschlag im Libanon. 1994 geriet das jüdische Kulturzentrum in Buenos Aires ins Visier: 85 Menschen kamen bei einer Bombenexplosion ums Leben. Bereits 1989 war in Wien der Kurdenführer Ghassemlou ermordet worden, drei Jahre später sein Nachfolger Scharafkandi in Berlin.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2011)

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