Iran: USA, EU und Saudis wetzen die Sanktionsmesser

Saudis wetzen Sanktionsmesser gegen
Saudis wetzen Sanktionsmesser gegen(c) REUTERS (MORTEZA NIKOUBAZL)
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Mordkomplott: Nach den bizarren iranischen Attentatsplänen auf den saudischen Botschafter in Washington drängen USA auf Strafmaßnahmen. Die Obama-Regierung vollführt einen Balanceakt.

Washington/Wien. Das iranische Mordkomplott gegen den saudischen Botschafter in den USA mutet so abstrus an, dass US-Spitzendiplomaten alle Mühe haben, die Welt von der Ernsthaftigkeit der Bedrohung zu überzeugen.

In Telefonaten versuchte US-Außenministerin Hillary Clinton ihre Amtskollegen in Russland, China und der Türkei zu einer schärferen Gangart gegen das Regime in Teheran zu bewegen. In New York informierte UN-Botschafterin Susan Rice den Sicherheitsrat über die Details eines Anschlags, den selbst die US-Geheimdienste zunächst für eine Räuberpistole gehalten hatten. Überzeugt scheint bereits der britische Außenminister William Hague zu sein. Seine Regierung arbeite bereits gemeinsam mit den USA, der EU und Saudiarabien an einer angemessenen Reaktion.

Der saudiarabische Außenminister Saud al-Faisal gab sich bei seinem Wien-Besuch auffallend zurückhaltend. Auf die Frage, wie seine Regierung auf die iranischen Attentatspläne antworten werde, meinte er zunächst lediglich: „Wir werden abwarten und sehen.“

Erst nach einigem Zögern verschärfte der saudische Prinz seinen Ton etwas, redete sich jedoch keineswegs in Rage. Saudiarabien werde den Iran für jede feindliche Handlung „angemessen“ zur Rechenschaft ziehen. Es sei nicht zum ersten Mal, dass sich der Iran in die Angelegenheiten arabischer Staaten einmische und versuche, mit Mord und Aufruhr seinen Einfluss auszuweiten. Man habe dies auch schon im Irak und im Libanon gesehen, aber Saudiarabien werde sich diesem Druck nicht beugen, sagte der saudische Außenminister bei einer Pressekonferenz im Billardzimmer der Albertina.

Militärische Option vom Tisch

Die Obama-Regierung vollführt einen Balanceakt. Obwohl Vizepräsident Joe Biden auf eine diplomatische Formel der Ära GeorgeW. Bushs zurückgegriffen hat – „alle Optionen sind auf dem Tisch“ –, steht in Washington eine Militäraktion gegen das Mullah-Regime nicht zur Debatte. Auch bei der Verschärfung der Wirtschaftssanktionen legt sich die Regierung Zügel auf. Ein Embargo gegen die iranische Öl- und Gasindustrie, so das Kalkül, könnte den Benzinpreis in die Höhe treiben und der ohnedies schleppenden Erholung der Wirtschaft in den USA und Europa einen womöglich schweren Rückschlag versetzen.

Republikanische „Falken“ setzen den Präsidenten allerdings unter Druck. Ileana Ros-Lehtinen, die Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus, fordert mehr als symbolische Maßnahmen – etwa die Ausweisung des iranischen UN-Botschafters oder die Schließung der iranischen Interessenvertretung in Washington. Sie plädiert für massive Sanktionen gegen die iranische Energiebranche und ihre internationalen Geschäftspartner.

Dilettantische Operation

US-Ermittler zeichnen indessen das Bild einer dilettantischen Operation. Der Hauptverdächtige Mansour Arbabsiar galt als unzuverlässiger Geschäftsmann ohne Fortüne. Er versuchte sich in Texas als Gebrauchtwagenhändler und Restaurantbetreiber. Seine Exfrau beantragte bei der Scheidung Schutzauflagen, wegen seiner Vorliebe für eine bestimmte Whiskeymarke trug er den Spitznamen „Jack“. Als religiöser Eiferer tat sich Arbabsiar, der als Student in die USA gekommen war, nie hervor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.10.2011)

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