Missbrauchsopfer dürfen nicht im Kreis geschickt werden, eine zentrale Stelle muss her.
KOMMENTAR
Wer einen schweren Unfall melden will, ruft die Rettung. Die Nummer dafür ist immer gleich, egal, wo in Österreich man sich gerade befindet. Genau nach demselben Schema läuft es, wenn Feuerwehr oder Polizei verständigt werden müssen – oder ein Automobilklub, Bergrettung oder Ärztefunkdienst.
Wer einen Missbrauchsfall melden will, hat diese Möglichkeit nicht. Schließlich muss man ja wissen, ob die betreffende Einrichtung eine kirchliche war, einem Bundesland unterstellt ist bzw. war oder ob der Bund verantwortlich ist. Doch selbst dieses Wissen muss noch nicht zum Erfolg führen, schließlich gibt es auch dann noch unterschiedliche Möglichkeiten. In Wien werkt etwa seit vergangenem Jahr eine Historikerkommission weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, eine weitere Stelle nimmt Meldungen von Misshandlungen und sexuellem Missbrauch entgegen, und schließlich kommt jetzt auch noch eine eigene Kommission für den Wilhelminenberg.
Das grenzt schon an eine Verhöhnung der Missbrauchsopfer, die bei Bedarf im Kreis geschickt werden können. Insofern kann die Lösung nur lauten: Eine zentrale Stelle mit einer zentralen Nummer für alle Missbrauchsopfer. Sie soll die Arbeit machen – nicht die Missbrauchsopfer selbst.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2011)