Tirolerin klagt über Missbrauch durch Nonnen

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Eine 49-Jährige behauptet, dass sie in den 70er-Jahren von Benediktinerschwestern in einem Kinderheim körperlich und sexuell missbraucht wurde. Auch rund um das Landesjugendheim Hartberg gibt es neue Vorwürfe.

Innsbruck/Red. Körperlicher und sexueller Missbrauch durch Nonnen – diesen Vorwurf hat eine 49-jährige Tirolerin erhoben. Die Frau berichtet in der „Tiroler Tageszeitung“ (Donnerstagsausgabe), dass die Übergriffe in einem mittlerweile aufgelassenen Kinderheim in Martinsbühel bei Zirl (Bezirk Innsbruck-Land) in den 70er-Jahren stattgefunden haben.

Sowohl die dort tätigen Benediktinerinnen als auch weltlichen Aufseherinnen hätten sich im Laufe der Jahre mehrmals an ihr vergangen, schilderte die Frau. Zum ersten Mal sei es im Alter von acht Jahren zu Übergriffen gekommen. „Die Schwestern haben sich auch mit anderen Mädchen zurückgezogen. Ich gehe an die Medien, weil ich hoffe, dass weitere Opfer ihre Scham überwinden können und über die Vergehen sprechen. Und ich hoffe, dass sich so etwas nie wiederholen kann“, sagte die 49-Jährige.

Die Täterinnen seien inzwischen verstorben, das Heim wurde vor fünf Jahren geschlossen. Der Fall der 49-Jährigen liege bei der Opferschutzanwaltschaft in Wien. Noch heuer soll sich entscheiden, ob und wie hoch die Tirolerin durch die Klasnic-Kommission entschädigt wird. Der Mutterorden der Benediktinerinnen im schweizerischen Melchtal habe sich entschuldigt. „Ich kenne die Umstände in Martinsbühel in den 70er-Jahren nicht wirklich. Aber ich finde es furchtbar, was da geschehen ist“, sagt Priorin Daniela gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“.

Missbrauchsfälle in Hartberg

Aber auch aus anderen Einrichtungen werden nach und nach weitere Fälle bekannt. So erhob Ende vergangener Woche ein heute 45-jähriger Ex-Zögling des Landesjugendheims Hartberg (Steiermark) Missbrauchsvorwürfe. Unter anderem behauptete der Mann, vom damaligen Jugendheimleiter und heutigen Hartberger Bürgermeister, Karl Pack, geprügelt worden zu sein, zudem habe er auf einer Baustelle gratis für ihn arbeiten müssen.

Zudem sagt der Mann, dass er von einem Erzieher bewusstlos geschlagen worden sei, ein anderer wiederum soll ihn und einen Freund sexuell belästigt haben. Pack bestreitet die ihn betreffenden Vorwürfe und spricht von einem „Trittbrettfahrer“, der über den Unterstützungsfonds nur zu Geld kommen wolle.

Doch mittlerweile, hätten sich auch weitere Männer beim Opferschutzzentrum in Graz gemeldet, sagt deren Leiterin, Marina Sorgo, gegenüber dem ORF Steiermark – etwa zwölf davon seien selbst mutmaßliche Opfer, andere seien Zeugen. Die Staatsanwaltschaft und die zuständige Fachabteilung des Landes ermitteln in dem Fall, ein Ergebnis liegt aber noch nicht vor.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2011)

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