Das syrische Regime ließ ein Ultimatum der Arabischen Liga tatenlos verstreichen und geht weiter gewaltsam gegen Demonstranten vor. Am Wochenende kamen wieder mehrere Oppositionelle ums Leben.
Damaskus/Wien/Ag. Präsident Bashar al-Assad scheut vor einer völligen Eskalation der Lage in seinem Land und der totalen internationalen Isolierung Syriens nicht zurück. In einem Fernsehinterview mit der britischen Zeitung „The Sunday Times“ drohte er nun, sich dem Druck aus dem Ausland nicht zu beugen. Im Falle einer ausländischen Militärintervention sei er „selbstverständlich bereit zu kämpfen und zu sterben“.
Der Arabischen Liga warf er vor, lediglich einen Vorwand für eine westliche Militärintervention schaffen zu wollen. Die käme aber einem „Erdbeben“ im Nahen Osten gleich und würde die ganze Region destabilisieren. Zudem kündigte der 46-Jährige an, weiter gegen „bewaffnete Banden“ vorgehen und „Recht und Ordnung“ durchsetzen zu wollen.
Arabische Liga weist Forderungen zurück
Assad hatte am Samstagabend ein Ultimatum der Arabischen Liga verstreichen lassen. Das Bündnis hatte dem Regime am Mittwoch eine dreitägige Frist gesetzt, um die seit acht Monaten anhaltende Gewalt gegen die Zivilbevölkerung zu beenden, und andernfalls mit wirtschaftlichen Sanktionen gedroht. Die syrische Regierung sollte sich entscheiden, ob sie Beobachter der Arabischen Liga ins Land lässt. Assad jedoch forderte Änderungen in dem Protokoll der Liga, das die Einzelheiten dieser Beobachtermission festlegt. Diese Forderungen wies der Generalsekretär der Organisation, Nabil Elaraby, am Sonntag entschieden zurück. Zuvor hatte die Liga die Mitgliedschaft Syriens ausgesetzt. Dies bezeichnete Assad in dem Interview als „irrelevant“.
Das Regime setzt die Gewalt gegen die eigene Bevölkerung unterdessen unvermindert fort. Am Wochenende kamen bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften wieder mehrere Oppositionelle ums Leben.
Gebäude der Baath-Partei beschossen
Am frühen Sonntagmorgen griffen Regimegegner erstmals ein Gebäude der regierenden Baath-Partei an. Anrainern zufolge wurden zumindest zwei Handgranaten auf die Zentrale abgefeuert. Laut Augenzeugenberichten waren Explosionen zu hören, kurze Zeit später stieg Rauch aus dem Gebäude auf. Zum Zeitpunkt des Angriffs sei es Augenzeugenberichten zufolge aber „weitgehend leer“ gewesen.
Angesichts der eskalierenden Lage im Land erneuerte der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdoğan am Samstag seine Warnung an das syrische Regime. „Sie sind unwillig und unehrlich, was das Angehen von Reformen betrifft“, so Erdoğan. „Sie haben unmenschliche Maßnahmen gegen die Opposition ergriffen.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2011)