Plagiatsverfahren: Guttenberg erkauft sich Einstellung

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Ex-Minister muss 20.000 Euro an die Kinderkrebshilfe zahlen. Die Staatsanwaltschaft im bayerischen Hof hat am Mittwoch das Ermittlungsverfahren gegen den populären Freiherrn eingestellt.

Wien/München/Ag/Hd. . „Guttenberg wieder da. Ohne Gel und Brille“, prangte am Montag in dicken Lettern auf der Internetseite des Satiremagazins „Titanic“ – auf einem Foto des gerade festgenommenen Gaddafi-Sohns Saif al-Islam.

Zwei Tage später gibt es tatsächlich wilde Spekulationen, der echte Karl-Theodor zu Guttenberg, Deutschlands im März über eine Plagiatsaffäre gestolperter Ex-Verteidigungsminister, könnte in die Politik zurückkehren: Die Staatsanwaltschaft im bayerischen Hof hat am Mittwoch das Ermittlungsverfahren gegen den populären Freiherrn eingestellt, obwohl sie angeblich 23 Textpassagen mit strafrechtlich relevanten Urheberrechtsverstößen in Guttenbergs Dissertation gefunden hat. Doch der wirtschaftliche Schaden für die Autoren der übernommenen Texte sei gering, und Guttenberg habe keine finanziellen Vorteile aus seiner Doktorarbeit gezogen, hieß es. Gegen Zahlung von 20.000 Euro an die Kinderkrebshilfe sieht die Staatsanwaltschaft von weiteren Schritten ab. Der juristische Terminus dafür ist Diversion. Sie wird speziell bei Jugendlichen und Ersttätern angewendet, mit dem Ziel einer raschen Resozialisierung. Wann Guttenberg – er lebt derzeit mit seiner Familie in den USA und arbeitet für das „Zentrum für strategische und internationale Studien“ – in die deutsche Politik „resozialisiert“ wird, ist noch unklar. Sein einstiger Mentor, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, preschte am Mittwoch vor: „Er gehört zu uns, wir wollen ihn.“ Seehofer wäre freilich nicht Seehofer, hätte er nicht gleich einen Seitenhieb hinterhergeschickt: Die CSU könne auch mit dem gegenwärtigen Personal erfolgreich sein. Guttenberg (*1971), galt als die große Zukunftshoffnung der CSU, als Seehofer ihn im Oktober 2008 zum Generalsekretär machte. Kein halbes Jahr später wechselte der Franke als Bundeswirtschaftsminister nach Berlin. Seinen Förderer überflügelte er bald an Popularität. Im Wirtschaftsministerium hielt es ihn nicht lange, im Herbst 2009 kehrte er in seinen angestammten Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik zurück und wurde Verteidigungsminister. Bald diskutierte man, ob Guttenberg denn auch „Kanzler könne“.

Freiherr streitet Täuschung ab

Dann kam der 15. Februar 2011: Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtete über mögliche Plagiate in Guttenbergs juristischer Dissertation. Der Politstar wiegelte ab, bestritt, gestand schließlich „Fehler“ ein, es half alles nichts: Die Universität Bayreuth entzog ihm binnen einer Woche den Doktortitel. Guttenberg habe weite Teile seiner Dissertation planmäßig abgeschrieben und „vorsätzlich getäuscht“. Nach einer weiteren Woche gab er alle politischen Ämter auf.

Nun hat er sich zurückgemeldet: Nächste Woche erscheint ein Interviewbuch, basierend auf Gesprächen mit „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo. In einem vorab im Internet veröffentlichten Interview mit der „Zeit“ wies Guttenberg am Mittwoch auch den Vorwurf der vorsätzlichen Täuschung zurück: Wenn er diese Absicht gehabt hätte, „dann hätte ich mich niemals so plump und dumm angestellt, wie es an einigen Stellen dieser Arbeit der Fall ist“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2011)

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