Syrien: Arabische Liga macht doch noch Ernst

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Damaskus wollte keine Beobachter zulassen und ließ gleich mehrere Ultimaten der „Bruderländer“ verstreichen. Am Sonntag verhängte die Liga doch noch die angedrohten Sanktionen gegen das Regime Assad.

Damaskus/Ag./Red. Der Arabischen Liga blieb nichts anderes übrig, wollte sie ihr Gesicht in der Causa Syrien nicht verlieren: Am Sonntag verhängte die 22-Staaten-Organisation angesichts des fortdauernden Blutvergießens in Syrien doch noch die seit Wochen angedrohten Sanktionen gegen das Regime von Präsident Bashir al-Assad. Dieses hatte mehrere Ultimaten der „Bruderländer“ verstreichen lassen – das letzte nach einer weiteren Fristerstreckung Samstag um 0 Uhr.

Die Außenminister der Liga fassten den Beschluss nach einem Krisentreffen am Sonntag in Kairo. Die Handelsbeziehungen mit der syrischen Regierung sollen auf Eis gelegt, syrische Konten eingefroren werden. Laut Beschluss sollen die Guthaben von syrischen Regierungsmitgliedern in arabischen Ländern eingefroren und arabische Investitionen aus Syrien abgezogen werden. Beschlossen wurde weiters ein Stopp des geschäftlichen Verkehrs mit der syrischen Zentralbank.

Auch ein Reiseverbot für Regierungsmitglieder wurde verhängt. Eine Liste mit den Namen der Betroffenen soll den Angaben zufolge noch erstellt werden. Zudem würden Flugverbindungen zwischen den arabischen Ländern und Syrien ausgesetzt. Es sind die umfassendsten Sanktionen, die von der Liga jemals gegen eines ihrer Mitglieder verhängt wurden. Die Arabische Liga will damit Assad zu einem Ende der Gewalt gegen friedliche Demonstranten bewegen.

„Westliche Einmischung verhindern“

Die Strafmaßnahmen hätten das Ziel, einer westlichen Einmischung in den Konflikt wie im Falle Libyens zuvorzukommen, sagte der Ministerpräsident und Außenminister Katars, Scheich Hamad ibn Dschassim al-Thani, einer der Wortführer: „Die ganze Arbeit, die wir tun, soll eine solche Einmischung verhindern.“ Scheich Hamad berichtete, 19 der 22 arabischen Staaten hätten den Strafmaßnahmen zugestimmt.

Nicht gebilligt wurden die Sanktionen den Angaben zufolge vom Libanon – dort ist die Syrien-nahe Schiitenmiliz Hisbollah maßgeblich an der Regierung beteiligt – und dem Irak. Syrien ist derzeit von den Treffen der Liga ausgeschlossen. Katar hat den Vorsitz des zuständigen Komitees inne. Vor der Arabischen Liga hatten bereits die EU und die USA Syrien mit Sanktionen belegt.

Seit dem Beginn der Proteste im März sind nach UN-Angaben bisher mehr als 3500 Menschen getötet worden. Die syrische Armee setzte das Blutvergießen am Sonntag unverdrossen fort. Zehn Zivilisten seien von den syrischen Sicherheitskräften getötet worden, teilte die in London ansässige „Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte“ mit. Die syrischen Behörden erklärten ihrerseits, Sicherheitskräfte hätten zwölf Bewaffnete getötet und in der Region um die Protesthochburg Homs bei Gefechten mit „Terrorgruppen“ zahlreiche Menschen festgenommen.

Die Londoner Exilorganisation berichtete zudem von heftigen Zusammenstößen zwischen Deserteuren aus der syrischen Armee und Soldaten des Assad-Regimes im Süden des Landes. Die „Freie Syrische Armee“ der Deserteure wird der Regierung offenbar immer gefährlicher. Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete von einer steigenden Zahl an Todesopfern unter den Sicherheitskräften. Die Agentur listete die Namen von 22 Angehörigen der Armee und der Sicherheitsorganisationen auf, die von „bewaffneten Terroristen“ getötet worden seien. Allein im November starben demnach mehr als 120 Sicherheitskräfte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.11.2011)

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