Gottschalks letzte Sendung: Abschied der Redemaschine

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Amüsant, aber ereignislos verlief die letzte "Wetten, dass ...?"-Show mit Thomas Gottschalk. Eine Frage blieb offen: Macht's der Günther Jauch?

Mit seiner letzten Sendung wird Thomas Gottschalk wohl die besten Quoten in der "Wetten, dass ...?"-Geschichte erzielen. Denn am Samstagabend sahen auch diejenigen zu, die die Show jahrelang gemieden hatten. Die aufgewachsen sind mit Gottschalks extravaganten Anzügen, seinen halblustigen-halbanzüglichen Schmähs, absurden Normalos, die seltsame Talente darbieten und einer bunt zusammengewürfelten Ansammlung von illustren Gästen. Als Mischung aus Anekdotensammlung und Kuriositätenkabinett wurde "Wetten, dass ...?" groß und Gottschalk war der Zeremonienmeister.

"Das muss ein fröhlicher Abend sein. Als Mann will man nicht weinerlich dastehen", sagte der 61-Jährige am Beginn seiner letzten Sendung, um sich dann - ganz typisch - in seltsamen, unernsten Aussagen zu verstricken, die einen mit hochgezogenem Mundwinkel den Kopf schütteln lassen. "Der Berlusconi ist weg, der Gaddafi ist weg", so der Moderator. Und jetzt sei dann halt auch der Gottschalk bei "Wetten, dass ...?" weg.

Die - mit einer kleinen Unterbrechung - 23 Jahre "Wetten, dass ...?" unter Gottschalk ließ man in Friedrichshafen ausgiebig Revue passieren. Clips zeigten die Wetten, die Anzüge, die Küsse. Gottschalks Stichwortgeberin Michelle Hunziker trug ein Kleid mit den Outfits des Showmasters (denen auch eine Wette gewidmet war) und die besten Kandidaten wurden noch einmal eingeladen: Ein blinder Bub aus Sachsen, der Telefonnummern erkannte und drei Männer, die ihre Brustmuskeln zu Musikstücken im Takt bewegten.

Die Gästeschar war - angesichts dieses fernsehhistorischen Moments - wenig glamourös. NBA-Champion Dirk Nowitzki, Günther Jauch, Til Schweiger, Lenny Kravitz, Iris Berben und Hollywood-Schauspielerin Jessica Biel (die Gottschalk fortwährend mit Jennifer anspricht) saßen auf der Couch und weigerten sich großteils, von der riesigen Abschiedstorte zu kosten. Gottschalk hatte schon größere Stars zu Gast.

Einen ihrer typischen chaotischen Momente erlebte die Show kurz vor Schluss, als der Sänger Meat Loaf und der Modedesigner Karl Lagerfeld aufeinander trafen. In diesen Momenten wird "Wetten, dass ...?" zur Party: Die Gäste mögen einander nicht, der Sekt geht aus, ein Stück Torte landet auf dem Boden und die Sperrstunde wird hoffnungslos überzogen. Aber das macht alles nichts, denn der Gastgeber schafft es, Gäste wie Zuschauer in einem gleichmäßigen Teppich aus sinnfreier Information einzulullen und Differenzen so zu überbrücken.

Drei Wetten sind der Erwähnung wert: Ein 15-jähriger Schweizer leckte in 120 Sekunden 120 brennende Teelichter aus. Ein Wiener gewann bei der Außenwette in Ischgl auf dem Fahrrad ein Wettrennen gegen einen Snowboarder und ein 50 Personen starker Turnverein stapelte sich - per Salto - auf einer zwei Quadratmeter großen Fläche.

Wird Jauch Gottschalks Nachfolger?

Zwei Fragen blieben offen: Einerseits natürlich, wer Gottschalk folgt. Die Nachfolgefrage sollte seinen letzten Auftritt nicht in den Schatten stellen, der Moderator scheint seinen Kandidaten offenbar aber gefunden zu haben. Er überredete seinen Freund und Kollegen Günther Jauch, zumindest einmal darüber nachzudenken, die Show zu übernehmen. Die Versuchung war dem Talker anzumerken. Sonntagabend will er im "Jahresrückblick" live seine Entscheidung mitteilen. Man muss mit einer Absage rechnen, er will sich wohl genauso wenig der Gefahr des Scheiterns aussetzen wie Hape Kerkeling.

Und die zweite Frage: Wie geht es Samuel Koch? Der Unfall des jungen Kunstturners vor einem Jahr war der Grund für Gottschalks Abschied. In seiner finalen Sendung hörte man nichts von dem verunglückten Wettkandidat, der vom Hals abwärts gelähmt ist. Nur das Auto, das an den Wettkönig (die Turner) verlost wurde, erinnerte frappant an den Unfallwagen.

Lange währte der Schlussapplaus für Gottschalk, dem die Augen trocken blieben. Mit seinem Abschied, darin sind sich die Kommentatoren weitgehend einig, endet eine Ära des Fernsehens. Das Phänomen kollektiven Fernsehens schwindet zunehmend. Ob sich "Wetten, dass ...?" als letzte Bastion halten kann, wird sich weisen . Letztendlich sollte man die Show aber als das nehmen, was sie ist - und in Zukunft sein kann: Ein Stück Fernsehunterhaltung, mal mehr, mal weniger gelungen. Oder, um es wie Thomas Gottschalk in seinen finalen "Wetten, dass ...?"-Moment zu formulieren: "Wir sind Spuren im Sand, wenn das Wasser drüber geht, sind sie weg", sagte der 61-Jährige. "Auch ich habe Menschen verehrt in der Unterhaltung, die es nicht mehr gibt." Letztendlich, das weiß Gottschalk, überlebt die Unterhaltung ihre Unterhalter. "Es war eine tolle Zeit", so Gottschalk. "Auf Wiedersehen."

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