Studiengebühren und Steuern: „Tabubrecher“ bei Schwarz und Rot

(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
  • Drucken

Uneinigkeit innerhalb der Partien bei Steuern und Studiengebühren. In ÖVP und SPÖ herrscht über das Ausscheren von Wirtschaftsminister Mitterlehner und Landeshauptfrau Burgstaller keine Freude.

Keine Zustimmung der Opposition zur Schuldenbremse und dann auch noch Querschüsse gegen die offizielle Parteilinie: Für Bundeskanzler und SPÖ-Vorsitzenden Werner Faymann sowie Vizekanzler ÖVP-Obmann Michael Spindelegger war es aus jeweils anderen Gründen eine Woche des Missvergnügens. Die ÖVP hat sich Ende November in einer Klausur aufs Sparen eingeschworen. Nun sprach ausgerechnet der schwarze Vizeparteichef Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner im Interview mit den „Salzburger Nachrichten“ offen darüber, dass „am Ende“ neben Einsparungen auch neue Steuern stehen könnten – möglicherweise im Verhältnis 70 zu 30.

In der SPÖ rieb man sich die Hände wegen des Ausscherens. Denn damit verabschiedete sich ein wichtiger ÖVP-Mann von der rein ausgabenseitigen Reduktion der Staatsschulden. Mitterlehner relativierte später im Nationalrat, er habe im Konjunktiv formuliert.

Noch am Montag war in einer Sitzung des ÖVP-Klubs über die Schuldenbremse und die weiteren Schritte beraten worden. Finanzministerin Maria Fekter legte dabei ihre Position dar, Mitterlehner ebenfalls. Die ÖVP-Parlamentarier wurden just tags darauf von seiner Zeitungsaussage überrascht.

ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf bemühte sich schließlich bei der Nationalratsdebatte zur Schuldenbremse, das Bild zu korrigieren, mit der ÖVP seien Steuererhöhungen ohnehin eine ausgemachte Sache. In der Zwischenzeit hatte Mitterlehner bei einer Veranstaltung mit dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble in Wien – neben Spindelegger und Fekter am Podium sitzend – auch dem Anwerfen der Notenpresse zur Krisenbewältigung das Wort geredet.

Der SPÖ-Führung kam Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller in die Quere, deren (mediale) Alleingänge in der Parteizentrale seit Langem mit Argwohn verfolgt werden. Diesmal betätigte sie sich als eine Art Wiederholungstäterin bei einem roten Tabubruch mit ihrem Plädoyer für Studiengebühren kombiniert mit einem gerechten Stipendiensystem.

Klärung beim SPÖ-Parteitag

Im ORF-Radio sprach sie gar von einer „schweigenden Mehrheit“ in der SPÖ für Studiengebühren. Zuvor hatte Rektorenchef Heinrich Schmidinger mit der Ankündigung für Aufsehen gesorgt, die Universitäten würden ab Herbst 2012 als Notfallmaßnahme wegen der Koalitionsblockade in dieser Frage selbst Studiengebühren einführen.

Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas rückte aus: Die SPÖ sei gegen eine Wiedereinführung von Uni-Gebühren. Es gelte der Parteitagsbeschluss vom Juni 2010. Genau da hakt Burgstaller ein: Sie will sich beim Bundesparteitag 2011 für Gebühren einsetzen. Spätestens dann wird sich zeigen, wie es mit den Mehrheiten aussieht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Studiengebuehren UniSteuer auch fuer
Hochschule

Studiengebühren: Uni-Steuer nun auch für ÖVP denkbar

Die SPÖ will nun doch offiziell über neue Gebührenmodelle diskutieren. Unterrichtsministerin Schmied hält diese finanziell für wenig sinnvoll. Die Volkspartei begrüßt den Kurswechsel des Koalitionspartners.
Hochschule

Studiengebühren: ÖH ortet Unwissen und Verwirrung

Vize-Chef Schott warnt vor zahlreichen Risiken bei australischem Modell. Die Die ÖH arbeitet an einem Projekt zur Bewertung verschiedener Finanzierungssysteme in Europa.
UniGebuehr Faymann will SPoeinterne
Hochschule

Uni-Gebühr: Faymann will SPÖ-interne Debatte führen

Man könne Modelle prüfen, solange nur keine Hürden für Studierende aus wirtschaftlich schwachen Familien eingeführt würden, so der Kanzler.
Symbolbild
Hochschule

SPÖ: Uni-Steuer statt Studiengebühr

Die roten Landesorganisationen machen Druck für eine parteiinterne Debatte über die Rückkehr der Studiengebühren. Auch die Bundes-SPÖ ist bereit zu diskutieren, wie man die Absolventen zur Kasse bitten kann.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.