Der Iran hat nach eigenen Abgaben eine Langstreckenrakete im Persischen Golf getestet. Das Manöver sei erfolgreich gewesen. Den Tests war ein verbaler Schlagabtausch mit den USA vorausgegangen.
Teheran/Ag/Wg. Der Iran legt beim Säbelrasseln in der Straße von Hormuz einen Zahn zu: Am Sonntag begannen im Rahmen von Marinemanövern seit Tagen angekündigte Testschüsse mit diversen Raketen. Wie der für die Übung zuständige Admiral Mahmoud Moussavi sagte, habe es sich um eine im Radar nicht sichtbare Mittelstreckenrakete gehandelt – allerdings nicht, wie von vielen Medien kolportiert, um eine Boden-Boden-Rakete, sondern um eine Flugabwehrwaffe.
Montag früh gab der Iran bekannt, erfolgreich einen Marschflugkörper zur Schiffsbekämpfung getestet zu haben. Das Geschoss vom Typ "Kader" sei wie geplant abgefeuert worden und habe vorher festgelegte Ziele im Golf erreicht, zitierte die amtliche Nachrichtenagentur IRNA Moussavi. Diese hat eine Reichweite von etwa 200 Kilometer und ist im Radar schwer sichtbar. In den nächsten Tagen sollen Tests mit noch weiter reichenden Raketen folgen.
Auch die USA lassen am Persischen Golf die Muskeln spielen. Sie schließen den nächsten Waffen-Deal mit einer Golf-Monarchie ab, diesmal sollen die Vereinigten Arabischen Emirate Kriegsgeräte aus den USA erhalten.
„Wollen Meerenge nicht sperren“
Vorwürfe, nach denen der Iran die Absicht habe, die für Öltransporte wichtige, rund 54 Kilometer breite Meerenge zu blockieren, dementierte Moussavi. Eine Blockade sei nur denkbar, wenn sein Land dazu gezwungen werde, sagte der Admiral am Sonntag der Nachrichtenagentur ISNA. Und: „Sollten unsere Interessen (in der Region, Anm.) gefährdet werden, würden auch die Interessen anderer Staaten am Golf gefährdet.“
Den Tests war ein verbaler Schlagabtausch zwischen den USA und dem Iran vorausgegangen, weil Irans Vizepräsident Mohammed Reza Rahimi am Dienstag gesagt hatte, im Fall der Verhängung weiterer Sanktionen gegen den Iran im Zusammenhang mit seinem Atomprogramm werde die Meerenge blockiert. Die USA kündigten an, eine Blockade nicht hinnehmen zu wollen, und ließen Flottenverbände aufkreuzen.
Gefährliche Seezielraketen
Mit seinen wenigen großen und veralteten Kriegsschiffen (fünf Fregatten, drei Korvetten) wäre der Iran für die US-Navy kein Gegner; allerdings sind im iranischen Inventar mehr als 200 kleine und größere Schnellboote mit Raketenbewaffnung sowie 26 großteils sehr kleine U-Boote, die in den beengten Gewässern weit schwereren Kriegsschiffen sehr gefährlich werden können. Noch effektiver wären im Konfliktfall die zahlreichen an Land stationierten Seezielraketen.
US-Präsident Barack Obama verlieh am Samstag mit seiner Unterschrift neuen Sanktionen gegen den Iran Gesetzeskraft (siehe unten). Umgekehrt signalisierte Teheran wieder Gesprächsbereitschaft: Die an den bisherigen „Atomgesprächen“ teilnehmenden fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates plus Deutschland (5+1-Gruppe) wurden aufgefordert, an den Verhandlungstisch zurückzukehren, sagte Irans Chefunterhändler Said Jalili.
Fortschritt bei Nukleartechnik?
Dem Land sind indes weitere Fortschritte in seinem Atomprogramm gelungen. Erstmals sei ein Kernbrennstab hergestellt worden, schrieb die Nachrichtenagentur Fars. Er habe die Tests bestanden und stehe zum Einsatz in einem Forschungsreaktor in Teheran bereit. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es zunächst nicht.
Der Iran wird seit 2003 verdächtigt, heimlich an der Atombombe zu bauen; die Indizien dafür haben sich zuletzt verdichtet.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.01.2012)