ÖVP: Ja zu neuen Steuern, wenn die SPÖ darauf besteht

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Symbolbild(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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ÖVP-Klubchef Kopf deutet ein Einlenken an. Ernst werden dürfte es mit dem schwarz-blauen Deal zur Verankerung der Schuldenbremse in die Verfassung. Die FPÖ hatte einen Ausbau der direkten Demokratie gefordert.

Wien/Aich/Ib. Die ÖVP, die sich zumindest offiziell als Gegnerin neuer Abgaben positioniert hat, beginnt ihr Rückzugsgefecht und versucht, der SPÖ den Schwarzen Peter und die volle Verantwortung unterzuschieben. Wenn „die eine oder andere Maßnahme“ schlagend werde, dann nur, „weil der Koalitionspartner das mit aller Gewalt will“, sagte ÖVP-Klubchef Karlheinz Kopf am Dienstag im ORF-Radio. Wie „Die Presse“ in der Dienstagsausgabe berichtet hat, wünscht sich die SPÖ eine Wiedereinführung der Schenkungs- und Erbschaftssteuer. 500 Millionen Euro sollen auf diesem Weg in die Staatskasse gespült werden. Wer die Freibeträge (etwa 400.000 Euro für Kinder oder 500.000 für den Ehepartner) überschreitet, würde zur Kasse gebeten werden. ÖVP-Klubchef Kopf beteuert aber weiterhin: „Die ÖVP denkt nicht über neue Steuern und Steuererhöhungen nach.“

Aus der SPÖ kamen am Dienstag aber sogar noch weitere Ideen, mit denen der Staatshaushalt saniert werden soll. So forderten die Sozialistische Jugend und der Pensionistenverband, dass Arbeitgeber bei Frühpensionierungen zahlen sollen. Als Vorbild müsse Finnland dienen, erklärte Andreas Wohlmuth, Generalsekretär der SPÖ-Pensionisten. Denn dort würden Unternehmen, die ihre Angestellten frühzeitig in den Ruhestand schicken, die Pensionskosten bis zum Regelpensionsalter übernehmen. Kritik übte Wohlmuth an der Forderung, bloß die Frühpensionisten selbst durch höhere Abschläge zu bestrafen. „Hauptverantwortlich für Frühpensionierungen seien schließlich die Dienstgeber. Diese sollten daher „in erster Linie die Konsequenzen tragen“.

Ungewohntes Lob der SPÖ

Weder das SPÖ-geführte Sozialministerium noch das Ressort von ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner wollten am Dienstag die Idee der Bestrafungen für Arbeitgeber kommentieren. Beide verwiesen auf laufende Gespräche. Nicht offiziell bestätigen will die ÖVP auch, dass sie plant, die steuerliche Begünstigung des 13. und 14. Monatsgehalts bei Spitzenverdienern aufzuheben. Allein dass an dieser Variante im Hintergrund gewerkt wird, reichte aber, um ungewolltes Lob aus der SPÖ zu ernten. Dies sei ein „erstes Zeichen, dass die ÖVP beweglich ist, wenn es um neue, zusätzliche Steuern geht“, meinte der Bau-Holz-Gewerkschafter Josef Muchitsch. Am liebsten sei ihm aber eine Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 55Prozent.

Alles andere als Lob gibt es innerhalb der SPÖ für den Vorschlag des eigenen Bundesgeschäftsführers, Günther Kräuter, der alle Eurofighter verkaufen und den heimischen Luftraum von Nachbarstaaten überwacht sehen möchte. Nach Verteidigungsminister Norbert Darabos setzte es am Dienstag auch Kritik von SPÖ-Wehrsprecher Stefan Prähauser: „Ich würde mir wünschen, wenn so gravierende Vorschläge gemacht werden, dass man sich vorher mit den zuständigen Fachleuten berät“, sagte Prähauser. Er verstehe zwar den Ärger Kräuters über die Eurofighter, aber „das ist das eine, und die Verfassung ist das andere“. Zuvor hatte bereits Darabos auf die Neutralität Österreichs und die dazugehörige Luftraumüberwachung hingewiesen.

Demokratiepaket wird vorgestellt

Apropos Verfassung: Dort könnte möglicherweise nun doch noch die Schuldenbremse verankert werden. Dafür benötigt die Regierung zwar die Zustimmung zumindest einer Oppositionsfraktion. Die Gespräche zwischen ÖVP und FPÖ dürften aber gut verlaufen. Indiz dafür ist etwa eine Pressekonferenz, die Vizekanzler Michael Spindelegger und Staatssekretär Sebastian Kurz heute, Mittwoch, abhalten. Thema: „Demokratie ausbauen – Österreich stärken“. Die FPÖ hatte gegenüber der ÖVP einen Ausbau der direkten Demokratie gefordert, um im Gegenzug der Schuldenbremse im Verfassungsrang zuzustimmen.

Die Gespräche mit der ÖVP würden auf einem „guten, sachlichen Weg“ liegen, meinte auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Ein Schwerpunkt der FPÖ sei im neuen Jahr der Ausbau der direkten Demokratie „nach Schweizer Vorbild“. Volksbegehren ab einer bestimmten Unterschriftenzahl sollen verbindlich zu einer Volksabstimmung führen. Nächste Woche würden dann auch Gespräche mit Experten zu diesem Thema stattfinden, bis 15.Jänner solle es ein Ergebnis der schwarz-blauen Unterredung geben, so Strache. Dann werde man auch sehen, ob die SPÖ „bereit sei, staats- und demokratiepolitische Verantwortung zu leben“. Bis jetzt weigern sich die Sozialdemokraten, mit den Freiheitlichen zu verhandeln. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter kritisierte zudem vergangene Woche Straches „völlig untauglichen Vergleich der Schweizer Kantönlitradition mit der repräsentativen Demokratie in Österreich“ als „Silvesterklamauk“.

Zum Thema Budget selbst forderte Strache einen runden Tisch der Parteichefs zum Sparpaket unter Einbeziehung von Rechnungshof-Präsident Josef Moser und Bernhard Felderer, dem Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses. Alternativen zu „echten Einsparungen“ seien nämlich im Papier des Rechnungshofes zur Verwaltungsreform verankert, so Strache. Die Budgetkonsolidierung größtenteils auf Einnahmenseite finanzieren zu wollen, sei eine „Kampfansage an die Leistungsträger in Österreich“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2012)

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